
Rechtliche Aspekte zum Coronavirus
Das neue Coronavirus (COVID-19) hat vielfache Auswirkungen, nicht nur im täglichen Leben, sondern auch in unterschiedlichsten Rechtsbereichen.
Mit diesem Guide wollen wir alle Betroffenen unterstützen, sich im rechtlichen Dickicht der unterschiedlichen Normen zu orientieren. Wir werden den Guide regelmäßig aktualisieren, damit die zahlreichen Änderungen, die täglich auftreten, berücksichtigt werden.
Gerne können Sie das Dokument auch an Dritte weitergeben, wir bitten allerdings um Verständnis, dass wir keine Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit der Ausführungen übernehmen können und dieser Guide eine Rechtsberatung nicht ersetzt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Clemens Völkl
c.voelkl@voelkl.partners

Dr. Katharina Völkl-Posch
k.voelkl@voelkl.partners

Mag. Philipp Frenzl
p.frenzl@voelkl.partners

Philipp Schagerl LL.B., LL.M.
p.schagerl@voelkl.partners
Die rechtlichen Auswirkungen des Coronavirus könnten derart dramatisch sein, dass womöglich relativ selten bemühte Rechtsgrundlagen wie höhere Gewalt oder Wegfall der Geschäftsgrundlage mit weitreichenden Konsequenzen zum Tragen kommen
COVID-19 betrifft uns im täglichen Leben genauso wie im beruflichen Alltag. Seit dem 16.3.2020 bleiben viele Geschäfte des Handels geschlossen.
Teils bestehen auch besondere Eingriffsbefugnisse und Entschädigungsansprüche, zB werden Betriebsschließungen durch das Epidemiegesetz 1950 ermöglicht. Bereits aus dem Datum des Gesetzes wird ersichtlich, dass viele offene Fragen bestehen. Außerdem hat die Vergangenheit gezeigt, dass Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz oft nicht rechtzeitig kommen, um die Insolvenz eines betroffenen Unternehmens zu verhindern.
Es wurden daher das Bundesgesetz über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds (COVID-19-FondsG) und das Gesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) in einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit erlassen, welche als Basis für raschere Wirtschaftshilfen sowie Einschränkungen des öffentlichen Lebens dienen sollen. Das COVID-19-Maßnahmengesetz enthält aber auch eine neue Rechtsgrundlage für Betriebsschließungen. Diese sieht im Unterschied zum Epidemiegesetz keinen Rechtsanspruch auf Verdienstentgang vor. Nachdem die Vorversion dieses FAQs sich unter anderem noch auf das 2. COVID-19-Gesetz, dessen Bestimmungen größtenteils mit 22.03.2020 in Kraft traten (teilweise, wie etwa die Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes, aber auch rückwirkend) und weitgehend bis 31. 12.2020 gelten, stützte, wurden in dieser Version nunmehr auch das 3. und 4. COVID-19-Gesetz berücksichtigt. Abzuwarten bleiben die auf Basis der genannten Gesetze noch zu erlassenden Verordnungen, über die wir Sie gesondert informieren werden. Aufgrund der Neuartigkeit werden im Folgenden einige besonders wesentliche Aspekte in unterschiedlichen Rechtsgebieten dargestellt:
- Pflichten im Anlassfall
- Finanzielle Abfederungen
- Arbeitsrechtliche Fragestellungen
- Vertragsrecht
- Bankrecht & Finanzierungen
- Veranstaltungen
- Versicherungsrechtliche Fragestellungen
- Stornierungen
1. Pflichten im Anlassfall
Wie muss sich das Management auf die Krise einstellen?
Auch in Krisenzeiten gilt der allgemeine gesellschafts- bzw unternehmensrechtliche Sorgfaltsmaßstab: Das Management muss mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters auch Schutzmaßnahmen für die Krise vorbereiten und im Anlassfall sorgfältig reagieren.
Was das bedeutet, ist je nach Branche und Unternehmensgröße unterschiedlich: Bei kleinen oder weniger bedeutenden Unternehmen ist der Maßstab eher gering. In besonders wichtigen Branchen oder bei großen Unternehmen, ist besondere Sorgfalt geboten.
In bestimmten regulierten Industrien bestehen Sonderregeln, die gerade auch für Fälle wie COVID-19 im Rahmen der Krisenplanung und des Business Continuity Managements (BCM) besondere Erfordernisse verankern, weshalb sich diese Branchen als krisenfester erweisen könnten. Dazu zählen zB Krankenanstalten, Banken oder Energieversorger.
Allerdings sollten sich alle Unternehmen jetzt darauf vorbereiten, wie sie mit der Krise umgehen und Schäden minimieren können.
Dazu zählen die Ausarbeitung von Krisen- und Notfallstrategien, zB um behördliche Betriebsschließungen zu vermeiden – indem etwa Schichtbetrieb vorgesehen wird, um zu verhindern, dass sich bestimmte Personengruppen in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden und somit stets ein Teil der Belegschaft kein bzw ein minimiertes Ansteckungsrisiko hat.
Das Management sollte auch die zur Verfügung stehenden Mittel des Arbeitsrechts, zB Kurzarbeit möglichst rasch evaluieren.
Denkbare Maßnahmen sind zB
- Incourcing von outgesourcten Tätigkeiten und Erledigung durch eigene Mitarbeiter. ACHTUNG: Hier ist zu prüfen, welche vertraglichen Konsequenzen die Beendigung von Outsourcing-Verträgen hat, welche Fristen gelten und, ob außerordentliche Kündigungen möglich sind
- Vermeiden von Überstunden/Mehrarbeit, Abbau von Zeitguthaben, Urlaub, Teilzeit, Bildungskarenzen, Kurzarbeit, Personalabbau
- Abbau von Lagerbeständen
- Nachverhandlung von Verträgen, zB durch Anbot von Rabatten etc.
Ebenso, wie lieferanten- und kundenseitig mit Lieferengpässen, Verzug etc umgegangen wird und, welche rechtlichen Pflichten nach den Verträgen bestehen.
Welche Pflichten bestehen hinsichtlich Liquiditätsplanung und Insolvenz?
Das Management sollte die Liquiditätsplanung laufend im Auge behalten, damit rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden können, um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Dabei sollte auch dokumentiert werden, weshalb Liquiditätsengpässe auftreten, weil dies für die Dauer der Insolvenzantragsfrist relevant ist (üblicherweise 60 Tage). Im Rahmen des 2. COVID-19-Gesetz wurde § 69 Abs 2a IO geändert, wonach nunmehr auch ausdrücklich bei einer durch Epidemie und Pandemie (davor bei Naturkatastrophen wie Hochwasser, Lawine, Schneedruck, Erdrutsch, Bergsturz, Orkan, Erdbeben oder ähnliche Katastrophe vergleichbarer Tragweite) eingetretenen Zahlungsunfähigkeit die Frist des § 69 Abs. 2 IO auf 120 Tage verlängert wird. Können nämlich 5% der fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen werden, besteht idR die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit im insolvenzrechtlichen Sinn.
Diese Maßnahme hilft allerdings nur bedingt, weil während der 120-tägigen Frist auch dann Insolvenz beantragt werden muss, wenn das Management keine plausiblen Sanierungsoptionen parat hat. Nach wie vor ist unklar, wie die staatlichen Sanierungsmaßnamen ausgestaltet sein werden, außerdem besteht kein Rechtsanspruch darauf. Umso mehr sollte das Management in alle Richtungen Sanierungsmaßnahmen prüfen und darf sich nicht bloß auf staatliche Unterstützungsmaßnahmen verlassen.
Die Geschäftsführung/Vorstand sollte dabei auch den Aufsichtsrat und allenfalls die Eigentümer regelmäßig informieren.
Die von der öffentlichen Hand vor allem über die ABBAG in Aussicht gestellten Finanzmittel (siehe unten) sind ausdrücklich dazu gedacht, Insolvenzen zu vermeiden und werden daher bei der Erstellung einer Fortbestandsprognose berücksichtigt. Allerdings besteht kein Rechtsanspruch auf die Gewährung dieser Unterstützungen, sodass sich das Management bis zu deren endgültiger Gewährung nicht drauf verlassen darf und bis dahin auch keine „Aufhebung“ vorliegender Insolvenzgründe eintritt. Nunmehr wurde durch das 4. COVID-19-Gesetz festgelegt, dass der Insolvenzgrund der Überschuldung bis zum 30.06.2020 keine Antragspflicht des Schuldners auslöst und, im Falle eines Insolvenzantrages durch einen Gläubiger, auch zu keiner Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führt.
Bei fälligen Verbindlichkeiten aus einem Zahlungsplan sieht das 4. COVID-19-Gesetz zudem vor, dass eine Stundung von bis zu neun Monate begehrt werden kann, sofern es zu einer Änderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners aufgrund der COVID-19 Maßnahmen kam.
In Konzernen ist besonders darauf bedacht zu nehmen, liquide Mittel nicht einfach zwischen Konzerngesellschaften „hin und her zu schieben“, um die Überlebensfähigkeit zu verlängern, da dies regelmäßig gegen Kapitalerhaltungsregeln verstoßen und damit auch Untreue im strafrechtlichen Sinn begründen kann.
Was muss ich tun, wenn ein Arbeitnehmer vielleicht an COVID-19 erkrankt ist?
Arbeitgeber müssen umgehend Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde erstatten.
Wird diese Pflicht nicht erfüllt, drohen hohe Verwaltungsstrafen.
Außerdem ist die Anzeige und daraufhin die Anordnung von Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz nach der derzeitigen Rechtslage auch der Ausgangspunkt für Ersatzansprüche gegen den Bund. Ohne entsprechende Anordnungen gebührt auch kein Ersatz. Zum Verhältnis Epidemiegesetz zu COVID-19-Maßnahmengesetz siehe unten.
Was kann/muss ich für meine Arbeitnehmer tun?
Siehe dazu unten im Abschnitt Arbeitsrecht.
Welche Pflichten treffen mich gegenüber Geschäftspartnern?
Im Rahmen der allgemeinen Schutz- und Sorgfaltspflichten wird davon auszugehen sein, dass ein Unternehmer je nach Branche angemessene Maßnahmen setzen muss, um einen Schaden von anderen Personen abzuwenden.
Bei Verträgen ergibt sich dies regelmäßig schon aus den vertraglichen Pflichten. Daher müssen zB Sanitäreinrichtungen und Raumpflege ordnungsgemäß durchgeführt werden, da andernfalls möglicherweise Haftungen drohen könnten.
Dabei ist die Abgrenzung im Einzelfall natürlich schwierig. Wann sind welche Maßnahmen genau geboten? Ab wann müssen zB Betriebsteile geschlossen werden, auch wenn noch keine behördliche Anordnung vorliegt?
Wenn Lieferverpflichtungen nicht mehr erfüllt werden können, sollte dies Vertragspartnern rasch mitgeteilt werden, damit diese weitere Schäden abwenden können. Dann sollte auch geprüft werden, ob sich der Unternehmer allenfalls auf höhere Gewalt berufen und damit Verzugsfolgen abwenden kann.
Können Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllt werden, sollte möglichst rasch versucht werden, Stundungsvereinbarungen abzuschließen, um nicht die Insolvenzantragsfrist auszulösen. Soweit in einer solchen Situation weiteres Kapital aufgenommen werden soll, ist bei Gesellschafterdarlehen auf das EKEG zu achten, die Aufnahme von Fremdkapital kann sich in einer solchen Situation ohne öffentliche Garantien schwierig gestalten.
2. Finanzielle Abfederungen
Welche Arten von Betriebsschließungen und -einschränkungen gibt es? In welchem Verhältnis stehen eigentlich Epidemiegesetz und COVID-19-Maßnahmengesetz zueinander?
Nach dem Epidemiegesetz können beim Auftreten bestimmter Krankheiten Betriebsstättenschließungen, in denen bestimmte Gewerbe ausgeübt werden, deren Betrieb eine besondere Gefahr für die Ausbreitung dieser Krankheit mit sich bringt, für bestimmt zu bezeichnende Gebiete angeordnet werden, insoweit nach den im Betrieb bestehenden Verhältnissen die Aufrechterhaltung desselben eine dringende und schwere Gefährdung der Betriebsangestellten selbst sowie der Öffentlichkeit überhaupt durch die Weiterverbreitung der Krankheit begründen würde.
CoViD-19 wird gemäß Verordnung BGBl. II Nr. 15/2020 als anzeigepflichtige Krankheit im Sinne des Epidemiegesetzes geführt. Demnach kann die Bezirksverwaltungsbehörde
- Absonderung Kranker (Quarantäne),
- Desinfektion (von Gegenständen und Räume),
- Ausschließung einzelner Personen von Lehranstalten,
- Abschließung von Wohnungen, Verbot von Totenfeierlichkeiten und
- Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen
anordnen.
Gemäß Verordnung BGBl II 74/2020 wird COVID-19 auch als Krankheit angeführt, die zu Betriebsschließungen berechtigt. Allerdings sollen die Bestimmungen zur Betriebsschließung nicht anwendbar sein, wenn eine Verordnung gemäß § 1 COVID-19-Maßnahmengesetz erlassen wurde. Dies ist mit der COVID-Verordnung, BGBl II 98/2020 geschehen, sodass die Anordnungsbefugnis zur Betriebsschließung derzeit nach dem Epidemiegesetz eigentlich nicht gilt.
Im Falle von Betriebsschließungen würde das Epidemiegesetz Entschädigungszahlungen durch den Bund für die durch die Behinderung des Erwerbs entstandenen Vermögensnachteile vorsehen.
Das COVID-19-Maßnahmengesetz hebelt dies aus und ermöglicht beim Auftreten von COVID-19 durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen zu untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Das COVID-19-Maßnahmengesetz betrifft allerdings im Wesentlichen den „Kundenverkehr“ und enthält keine Beschränkungen für das Betreten durch eigene Dienstnehmer. Damit dürfte auch der Anwendungsbereich des Epidemiegesetzes für Betriebsschließungen nicht völlig abgeschnitten sein: Besteht der Verdacht auf eine Erkrankung, müsste eine Betriebsschließung oder Beschränkung nach wie vor nach dem Epidemiegesetz angeordnet werden. Gleiches würde bei Schließungen für bestimmte Gebiete gelten, die nicht nur Kunden betreffen.
Die Rechtslage erscheint hier derzeit sehr unbefriedigend, weil nicht völlig klar erscheint, wie weit die Befugnis der Behörden geht, Betriebsbeschränkungen über das für den Kundenverkehr hinaus anzuordnen.
Die ersten Verordnungen des Gesundheitsministers sind unter:
https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus—Rechtliches.html
abrufbar.
Daraus kann geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Absicht verfolgt, im Falle von Betretungsverboten nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz nicht zu Entschädigungszahlungen verpflichtet zu sein. Betroffene sollten genau prüfen, nach welcher Rechtsgrundlage sie in ihrem Erwerb beschränkt worden sind, um die Möglichkeit allfälliger Entschädigungszahlungen beurteilen zu können.
Wann haben Unternehmer Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs?
- Dieser Anspruch richtet sich – vorbehaltlich der Ausführung zu Frage II.1 – nach dem Epidemiegesetz. Zu vergüten sind zB der entgangene Verdienst während Betriebsschließung oder Beschränkung oder der Wertersatz von Gegenständen, die zB wegen Desinfektion vernichtet wurden.
- Ausgangspunkt ist eine Anordnung der Bezirksverwaltungsbehörde. Schließt ein Unternehmer seinen Betrieb davor bereits „freiwillig“ oder stellen sich Personen ohne behördliche Anordnung selbst unter Quarantäne, besteht kein Anspruch.
- Der Unternehmer hat wegen behördlicher Anordnungen Anspruch auf Ersatz seines entgangenen Verdienstes, also der frustrierten Kosten (zu Gehältern siehe unten) und der Gewinne, wobei diese in der Regel aus einem Vergleich mit dem vergangenen Unternehmenserfolg bemessen werden.
- Der Anspruch gegenüber dem Bund auf diese Vergütung muss – bei sonstigem Verlust – binnen sechs Wochen ab dem Tag, an dem die behördliche Maßnahme aufgehoben wird, geltend gemacht werden. Dabei ist die Vergütung für jeden Tag zu leisten, der von den behördlichen Verfügungen umfasst ist.
- Dies erscheint vor allem deshalb heikel, weil das Epidemiegesetz weder exakte Anforderungen für die Geltendmachung des Anspruchs enthält, noch dessen Höhe und die erforderlichen Nachweise festlegt, damit ein Ersatzanspruch in voller Höhe zuerkannt wird. Näheres enthält das neu verabschiedete COVID-19-FondsG dazu, wonach interimistisch eine Summe in Höhe von € 4 Mrd durch den Bund zugesichert wurde. Insgesamt ist mittlerweile bereits eine Summe in Höhe von € 38 Mrd als wirtschaftliche Abfederung zugesichert.
Besteht ein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs bei Betretungsverboten nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz?
- Aufgrund ausdrücklicher Regelung im COVID-19-Maßnahmengesetz besteht kein Anspruch auf Vergütung wegen Betriebsschließung oder Betretungsverboten, wenn diese nicht ausdrücklich nach dem Epidemiegesetz angeordnet wurden. Das bedeutet, dass die verordnungsmäßige Beschränkung des Kundenverkehrs in Geschäftsräumlichkeiten gemäß COVID-19-Maßnahmengesetz einen Entschädigungsanspruch nicht begründet. Davon betroffen sind alle Unternehmen, denen Kundenverkehr zu Erwerbszwecken untersagt ist, ausgenommen sind zB Apotheken, Supermärkte, Bankfilialen, Tankstellen etc (nähere Informationen enthalten die zum COVID-19-Maßnahmengesetz erlassenen Verordnungen: COVID-Verordnung, BGBl II 98/2020).
- In solchen Fällen wäre nur denkbar, dass etwa der Betriebsinhaber oder einzelne Personen (zB die Person des Gewerbeberechtigten bzw Einzelunternehmers oder Arbeitnehmers) „abgesondert“, also unter Hausquarantäne oder Überwachung gestellt werden und daher ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen können.
Welche staatlichen Überbrückungsfinanzierungen gibt es?
- Das KMU-Förderungsgesetz sieht Förderungsmaßnahmen für Klein- und Mittelunternehmer vor. Darauf basierend wurde eine spezielle Überbrückungsfinanzierung für Klein- und Mittelunternehmer des Tourismusgewerbes vorgesehen. Diese können bei bestehenden Krediten Zahlungserleichterungen sowie neue Darlehen bei der ÖHT (Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH) beantragen, wobei dafür ein besonders schnelles Verfahren vorgesehen ist.
- Für Liquiditätsengpässe, die durch Umsatzausfälle als Folge von COVID-19 entstehen, werden Garantien für Überbrückungsfinanzierungen (max. 5 Jahre Laufzeit) durch das Austria Wirtschaftsservice (aws) angeboten. Das Angebot richtet sich an KMUs (weniger als 250 Mitarbeiter, max. 50 Mio. Euro Umsatz oder 43 Mio. Euro Bilanzsumme) aller Branchen außer Betriebe der Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Die Garantie besichert 80 % eines Überbrückungskredites (bis zu 2,5 Mio EUR pro Kunde). Der Antrag ist bei der finanzierenden Hausbank einzureichen. Die Förderstelle aws entscheidet über die Vergabe der Haftung (https://www.aws.at/aws-garantie/ueberbrueckungsgarantie/). Die bereits seit 12.03.2020 zur Verfügung stehende aws-Überbrückungsgarantie wurde deutlich ausgebaut und vereinfacht. Es wurde ein beschleunigtes Verfahren eingeführt, wodurch die Garantieerklärung der aws dem Förderungsnehmer auch elektronisch übermittelt werden kann, um eine umgehende Garantiezusage zu ermöglichen.
- Mit dem COVID-19-FondsG (welches mit 16.03.2020 in Kraft getreten ist und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft tritt) wurde der „COVID-19-Krisenbewältigungsfonds“ errichtet. Er verfügt über keine eigene Rechtspersönlichkeit und wird beim Bundesminister für Finanzen eingerichtet und von diesem verwaltet. Die finanziellen Mittel des Fonds können insbesondere für die folgenden Handlungsfelder verwendet werden:
- Maßnahmen zur Stabilisierung der Gesundheitsversorgung;
- Maßnahmen zur Belebung des Arbeitsmarkts (vor allem Kurzarbeit im Sinne des § 13 Abs 1 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz (AMPFG));
- Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit;
- Maßnahmen im Zusammenhang mit den Vorgaben für die Bildungseinrichtungen;
- Maßnahmen zur Abfederung von Einnahmenausfällen in Folge der Krise;
- Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950;
- Maßnahmen zur Konjunkturbelebung;
- Maßnahmen zur Liquiditätsstabilisierung von Unternehmen.
- Mit dem 3. COVID-19-Gesetz wurde die Dotierung des Fonds im Umfang von bis zu vier Milliarden Euro auf bis zu 28 Milliarden Euro ersetzt. Richtlinien für die Abwicklung der Fondsmittel werden vom Bundesminister für Finanzen festgelegt. Über die konkrete Auszahlung der finanziellen Mittel entscheidet der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler.
- Im COVID-19-Gesetz wurde unter anderem auch eine Finanzierungsfunktion der Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG) vorgesehen. Dadurch können Dienstleistungen und finanzielle Unterstützungen für Unternehmen erbracht werden, die von COVID-19 besonders betroffen sind. Finanzierungen dienen ausschließlich zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Dazu wurde durch die ABBAG über Auftrag des Bundesministers für Finanzen die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) gegründet, die den Corona-Hilfsfonds gemeinsam mit gemeinsam mit AWS, ÖHT und OeKB verwaltet. Der Corona-Hilfsfonds setzt sich aus zwei Maßnahmen zusammen:
- Kreditgarantie der Republik Österreich
- Unterstützt werden sollen Unternehmen und Branchen, die durch Maßnahmen wie Betretungsverbote, Reisebeschränkungen oder Versammlungsbeschränkungen besonders betroffen sind und Liquiditätsprobleme haben, aber auch Unternehmen, die in Folge der Corona Krise mit großen Umsatzeinbußen und der Gefährdung ihrer Geschäftsgrundlage konfrontiert sind.
- Standort und Geschäftstätigkeit müssen in Österreich sein und es muss Liquiditätsbedarf für den heimischen Standort bestehen.
- Single-Point of Contact ist die Hausbank. Je nach Unternehmen wird dieser Antrag dann an die Oesterreichische Kontrollbank (Großunternehmen), an die Austria Wirtschaftsservice GmbH (Klein- und Mittelbetriebe) oder an die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH (Tourismusunternehmen) weitergeleitet.
- Die Kreditgarantie der Republik soll Betriebsmittelkredite besichern. Sie deckt 90% der Kreditsumme ab. Diese Garantie ist einer Bundesgarantie gleichzusetzen und ist somit die höchste Sicherheit, die die Republik Österreich vergeben kann.
- Obergrenze des Kredits sind maximal 3 Monatsumsätze oder maximal 120 Mio. Euro, die mit maximal 1% (zzgl. Haftungsprovision von 0,25-2%) verzinst sind.
- Die Laufzeit beträgt maximal 5 Jahre und kann um bis zu 5 Jahre verlängert werden.
- Die Garantie kann gezogen werden,
- wenn der Kreditnehmer mit seinen Zahlungsverpflichtungen unter dem Kreditvertrag säumig ist oder
- ein Insolvenzverfahren über den Kreditnehmer eröffnet wurde oder
- die Eröffnung mangels Masse unterblieben ist.
- Die Garantie kann ab 08.04.2020 beantragt werden, wobei Ziel ist, vollständige Anträge von der Einreichung bis zur Genehmigung binnen 7 Werktagen abzuwickeln. Erste Auszahlungen sollen daher bereits ab 15. April 2020 erfolgen können.
- Die Finanzierungen werden dann über Abschluss von Finanzierungsverträgen mit der Hausbank durchgeführt, wobei diese auch eine bankkaufmännische Beurteilung durch Bonitätsprüfung voraussetzen. Dies wird besonders heikel sein, weil damit positive Fortbestandsprognosen erforderlich sein dürften, um überhaupt eine Überbrückungsfinanzierung erhalten zu können. Allerdings sind die gewährten Finanzhilfen ausdrücklich bei der Erstellung von Fortbestandsprognosen zu berücksichtigen. Das dürfte darauf hinauslaufen, dass nur Unternehmen finanziert werden sollen, die erst aufgrund der Corona-Krise in eine finanzielle Notlage geraten. Im Übrigen gelten für die Kreditgewährung sämtliche Vorgaben des Bankaufsichts-, Zivil- und Strafrechts, sofern keine Lockerungen erfolgen (dazu im Detail unten).
2. Zuschüsse zur Deckung von Fixkosten
- Unabhängig davon können Unternehmen, die ihren Standort und die Geschäftstätigkeit in Österreich haben und bei denen Fixkosten in Österreich operativ anfallen, mit einem Umsatzrückgang von zumindest 40% (der durch die Ausbreitung von COVID-19 verursacht ist) nach Ablauf ihres Geschäftsjahres einen steuerfreien und nicht rückzahlbaren Betriebskostenzuschuss für bestimmte Fixkosten bis maximal EUR 90 Millionen beantragen.
- Weitere Voraussetzungen sind, dass diese Unternehmen sämtliche zumutbare Maßnahmen setzen, um die Fixkosten zu reduzieren und die Arbeitsplätze in Österreich zu erhalten und sie vor der COVID-19-Krise ein gesundes Unternehmen waren.
- Der Fixkostenzuschuss ist gestaffelt und abhängig vom Umsatzausfall des Unternehmens, wenn diese binnen 3 Monaten 2.000 Euro übersteigen, zahlt der Bund:
- 40 – 60% Ausfall: 25% Ersatzleistung
- 60 – 80% Ausfall: 50% Ersatzleistung
- 80-100% Ausfall: 75% Ersatzleistung
- Der Zuschuss gebührt für Geschäftsraummieten (wenn der Mietzins nicht reduziert werden konnte und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit steht), Versicherungsprämien, Zinsaufwendungen (sofern diese nicht gestundet werden konnten), betriebsnotwendige, vertragliche Zahlungsverpflichtungen (die nicht gestundet oder reduziert werden konnten), Lizenzkosten, Zahlungen für Strom / Gas / Telekommunikation sowie Wertverlust bei verderblichen/saisonalen Waren, sofern diese während der COVID-Maßnahmen mind. 50 % des Wertes verlieren.
- Beantragt werden können diese ab 15.04.2020. Die Registrierung eines Antrags ist bis 31.12.2020 möglich, die Abgabe des vollständigen Antrags bis 31.08.2021.
- Die Auszahlung erfolgt nach Feststellung des Schadens, somit nach Ende des Wirtschaftsjahres und Einreichung der Bestätigung des Steuerberaters bzw. Wirtschaftsprüfers über den Umsatzrückgang und die ersatzfähigen Fixkosten. Der Fixkostenzuschuss muss – vorbehaltlich korrekter Angaben betreffend Umsatz und Höhe der Fixkosten – nicht rückerstattet werden. Der Fixkostenzuschuss ist pro Unternehmen mit maximal EUR 90 Mio. beschränkt. Der Fixkostenzuschuss unterliegt nicht der Steuerpflicht, er reduziert die abzugsfähigen Aufwendungen im betreffenden Wirtschaftsjahr.
- Ausgenommen vom Fixkostenzuschuss sind Unternehmen, die mehr als 250 Mitarbeiter zum 31.12.2019 beschäftigt und Mitarbeiter gekündigt haben, statt die Kurzarbeit nach Ausbruch der COVID-19-Krise in Anspruch zu nehmen. Ausgenommen ist zudem der gesamte Finanz- und Versicherungsbereich (Banken, Kreditinstitute, Versicherungen, Wertpapierfirmen und andere Finanzunternehmen, die prudentiellen Aufsichtsbestimmungen unterliegen).
- Im Rahmen einer Unterstützungsaktion für kleinere und mittlere Unternehmen in Wien wird die WKBG (Wiener Kreditbürgschafts- und Beteiligungsbank) zusätzliche Bürgschaften von bis zu 80% gegenüber Kreditinstituten für Überbrückungskredite (Betriebsmittelfinanzierungen) übernehmen. Die Einreichung zu einer Bürgschaftsübernahme erfolgt bei der jeweiligen Hausbank.
- Weiters leisten die Stadt Wien und die Wirtschaftskammer Wien akut einen Zuschuss in Höhe von jeweils 10 Millionen EUR in den „Notlagenfonds der Wirtschaftskammer Wien“, der eigens für Krisensituationen eingerichtet wurde. Damit stehen Wiener EPUs und Kleinstunternehmen, die durch die globale Coronavirus-Epidemie in Not geraten sind, in Summe 20 Millionen Euro als Soforthilfe zur Verfügung. Aus diesem Notlagenfonds können Ein-Personen- und Kleinst-Unternehmen mit bis zu 10 MitarbeiterInnen eine Unterstützung bei starker Betroffenheit (Umsatzrückgang > 50%) erhalten.
- Exportunternehmen können einen Kreditrahmen in Höhe von 10 Prozent (Großunternehmen) bzw. 15 Prozent (Klein- und Mittelunternehmen) ihres Exportumsatzes bei der OeKB beantragen. Die Höchstgrenze liegt pro Kunden bei 60 Millionen Euro. Die Finanzierungen sind vorerst auf zwei Jahre befristet mit der Möglichkeit, diese zu verlängern. Voraussetzung ist neben einer bestehenden Exporttätigkeit der Nachweis, dass das Unternehmen bis zum Start der COVID-19-Auswirkungen in Österreich wirtschaftlich gesund war. Der Bund ist bereit, Haftungen für 50 bis 70 Prozent dieser Betriebsmittelkredite zu übernehmen. Insgesamt umfasst der Kreditrahmen zwei Milliarden Euro. Nähere Infos: exportservices@oekb.at.
- Am 18.03.2020 kündigte die Regierung für die Wirtschaft ein weiteres Hilfspaket mit bis zu 38 Mrd. Euro an. Der bisherige COVID-19-Krisenbewältigungsfonds wurde daraufhin mit dem 3. COVID-19-Gesetz vom 03.04.2020 von bis zu 4 Mrd. auf bis zu 28 Mrd. Euro aufgestockt. Die Notfallhilfe für Branchen, die besonders betroffen sind, soll 15 Mrd. Euro betragen, 10 Mrd. Euro sind für Steuerstundungen und 9 Mrd. Euro für Kreditgarantien vorgesehen. Es ist geplant, dass die Maßnahmen gestaffelt nach Branchentypen ergriffen werden (je nach Betroffenheit von der Krise). Grundsätzlich sollen die Mittel aber allen Unternehmen offenstehen.
- Das 2. COVID-19-Gesetz wurde am 20.03.2020 im Nationalrat und am 21.03.2020 im Bundesrat beschlossen sowie bereits am selben Tag (21. März 2020) im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 16/2020) kundgemacht. Die Bestimmungen traten damit größtenteils mit 22.03.2020 in Kraft (teilweise aber auch rückwirkend) und werden weitgehend mit Ablauf des 31.12.2020 außer Kraft treten.
- Das 2. COVID-19-Gesetz enthält ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz), mit welchem ein Härtefallfonds eingerichtet wurde.
- Die Erläuterungen führen dazu aus, dass immer mehr österreichische Unternehmen von den wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 negativ betroffen sind. Während zu Beginn nur Lieferketten und Kundenbeziehungen mit bestimmten Regionen betroffen waren, so ergeben sich nunmehr weitreichende Wirkungen auf die österreichische Wirtschaft. Damit es in diesem Zusammenhang nicht zu einer existenzbedrohlichen Gefährdung für österreichische Unternehmen kommt – die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionserkrankungen führen zu Konsum- und Investitionsrückgängen und damit zu Einnahmeausfällen in Unternehmen – werden den betroffenen Unternehmen Zuschüsse im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise gemäß KMU-Förderungsgesetz zur Verfügung gestellt.
- Abgewickelt wird das Förderungsprogramm des Bundes von der Wirtschaftskammer Österreich im übertragenen Wirkungsbereich. Die WKO ist dabei an die Weisungen des Vizekanzlers, der BM für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und des BM für Finanzen gebunden. Gegenstand des Förderungsprogrammes des Bundes zum Härtefallfonds ist die Schaffung eines Sicherheitsnetzes für Härtefälle bei Ein-Personen-Unternehmen (EPU), freien Dienstnehmer nach § 4 Abs 4 ASVG, Non-Profit-Organisation (NPO) nach §§ 34–47 Bundesabgabenordnung (BAO) sowie Kleinstunternehmen laut Empfehlung 2003/361/EG vom 6. Mai 2003, Amtsblatt Nr. L 124 vom 20/05/2003 S. 0036 – 0041, die durch die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 verursacht wurden. Die Förderung wird in Form eines Zuschusses gewährt. Hierfür werden aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort maximal eine Milliarde EURO zur Verfügung gestellt. Eine Richtlinie für die Abwicklung des Härtefallfonds auf Basis des KMU-Förderungsgesetz soll vom BM für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler und der BM für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort erlassen werden.
- Das 2. COVID-19-Gesetz wurde am 20.03.2020 im Nationalrat und am 21.03.2020 im Bundesrat beschlossen sowie bereits am selben Tag (21. März 2020) im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 16/2020) kundgemacht. Die Bestimmungen traten damit größtenteils mit 22.03.2020 in Kraft (teilweise aber auch rückwirkend) und werden weitgehend mit Ablauf des 31.12.2020 außer Kraft treten. Mit dem 2. COVID-19-Gesetz wurde das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz), mit welchem ein Härtefallfonds eingerichtet wurde, erlassen. Mittlerweile wurde auch das 3. COVID-19-Gesetz (Stand 03.04.2020) im Nationalrat beschlossen und enthält zahlreiche Ergänzungen zum 2. COVID-19-Gesetz, die in dieser Fassung eingearbeitet wurden.
- Die Erläuterungen führen zum Härtefallfondsgesetz aus, dass immer mehr österreichische Unternehmen von den wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 negativ betroffen sind. Während zu Beginn nur Lieferketten und Kundenbeziehungen mit bestimmten Regionen betroffen waren, so ergeben sich nunmehr weitreichende Wirkungen auf die österreichische Wirtschaft. Damit es in diesem Zusammenhang nicht zu einer existenzbedrohlichen Gefährdung für österreichische Unternehmen kommt – die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionserkrankungen führen zu Konsum- und Investitionsrückgängen und damit zu Einnahmeausfällen in Unternehmen – werden den betroffenen Unternehmen Zuschüsse im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise gemäß KMU-Förderungsgesetz zur Verfügung gestellt.
- Abgewickelt wird das Förderungsprogramm des Bundes von der Wirtschaftskammer Österreich im übertragenen Wirkungsbereich. Die WKO ist dabei an die Weisungen des Vizekanzlers, der BM für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und des BM für Finanzen gebunden. Gegenstand des Förderungsprogrammes des Bundes zum Härtefallfonds ist die Schaffung eines Sicherheitsnetzes für Härtefälle bei Ein-Personen-Unternehmen (EPU) unter Einschluss Neuer Selbständiger und freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG, bei Non-Profit-Organisationen (NPO) gemäß §§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung (BAO) sowie von Kleinstunternehmern laut Empfehlung 2003/361/EG vom 6. Mai 2003, Amtsblatt Nr. L 124 vom 20/05/2003 S. 0036 – 0041, als natürliche Personen oder erwerbstätige Gesellschafter, die nach BSVG/GSVG/FSVG bzw. in Versicherungen entsprechender Einrichtungen der freien Berufe pflichtversichert sind, die durch die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 verursacht wurden. Anspruchsberechtigt sind außerdem Privatzimmervermieter von privaten Gästezimmern im eigenen Haushalt mit höchstens 10 Betten, die nicht der Gewerbeordnung 1994 unterliegen. Die Förderung wird in Form eines Zuschusses gewährt.
- Die Förderung wird in Form eines Zuschusses gewährt. Hierfür werden aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus maximal zwei Milliarden EURO zur Verfügung gestellt. Der Bundesminister für Finanzen wird jedoch dazu ermächtigt im Einvernehmen mit dem Vizekanzler durch Verordnung die liquiden Mittel aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfond anzupassen. Eine Richtlinie für die Abwicklung des Härtefallfonds auf Basis des KMU-Förderungsgesetzes soll vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler und der Bundesministern für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort erlassen werden.
- Zuwendungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds, Zuschüsse aus dem Härtefallfonds, Zuschüsse aus dem Corona-Krisenfonds sowie sonstige vergleichbare Zuwendungen der Bundesländer, Gemeinden und gesetzlichen Interessenvertretungen, die für die Bewältigung der COVID-19-Krisensituation geleistet werden sind gemäß 3. COVID-19-Gesetz steuerfrei.
Details dazu werden in den kommenden Tagen präsentiert. Infos dazu folgen unter www.wien.gv.at/coronavirus und www.wko.at/coronavirus.
3. Arbeitsrechtliche Fragestellungen
Dienstfreistellung, Verdienstentgang und Entgeltfortzahlung
Was gilt, wenn auch Arbeitnehmer aufgrund von verordnungsmäßigen Betretungsverboten nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz nicht in die Arbeit kommen können, weil der Arbeitgeber geschlossen hat?
- Bei behördlicher Betriebsschließung nach dem Epidemiegesetz mittels Bescheid oder Verordnung und nur soweit sie nicht in den Anwendungsbereich des COVID-19-Maßnahmengesetzes fallen, ist eine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber vorgesehen und eine Refundierung durch den Bund. Auch eine Beschränkung von Betrieben, zB der Öffnungszeiten ist möglich. Derzeit sind – soweit ersichtlich – „Schließungen“ vorwiegend nach dem COVID-19-Maßnahmegesetz erfolgt.
- Die Rechtslage nach dem Epidemiegesetz ist insoweit komplex, als es sich beim Verdienstentgang des Arbeitnehmers um dessen Lohn handelt, darüber hinaus ist aber auch der Verdienstentgang des Unternehmers selbst zu ersetzen. Durch die Ausbezahlung der Löhne werden diese quasi zu einem Teil des Verdienstentganges des Unternehmers.
- Sofern also der Verdienstentgang auf der behördlichen Verfügung einer Betriebsschließung nach dem Epidemiegesetz beruht, haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
- Bricht allerdings der Umsatz weg, weil zB Gäste ausbleiben müssen und das Unternehmen deswegen interimistisch schließen muss, konnte sich theoretisch die Frage stellen, ob dies ein Fall von höherer Gewalt ist und die Arbeitnehmer tatsächlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben. Dies ist nunmehr durch einen Eingriff des Gesetzgebers geklärt: In den neuen Abs 3f zu § 1155 ABGB wurde klargestellt, dass einerseits weiterhin Anspruch auf Entgelt besteht, selbst wenn Dienstnehmer aufgrund COVID-Maßnahmen keine Arbeitsleistung erbringen können, andererseits aber Urlaubs- und Zeitguthaben von Dienstnehmern verbraucht werden müssen (dazu im Detail unten).
Was gilt, wenn Arbeitnehmer am Coronavirus erkranken?
- Es gelten die gewöhnlichen Regeln des EFZG und des AngG: Angestellte haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bis zur Dauer von sechs Wochen pro Arbeitsjahr. Dieser Zeitraum beträgt acht Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis ein Jahr, zehn Wochen, wenn es 15 Jahre und zwölf Wochen, wenn es 25 Jahre ununterbrochen gedauert hat. Durch jeweils weitere vier Wochen behält der Arbeitnehmer Anspruch auf das halbe Entgelt.
- Nach § 53 b ASVG besteht für kleinere (bis 50 Arbeitnehmer) und kleine (bis 10 Arbeitnehmer) Unternehmen die Möglichkeit, auf Antrag ab dem 11. Krankenstandstag 50% oder 75 % der Entgeltfortzahlungskosten zurückzuerhalten.
Was gilt für Selbstständige oder Unternehmen, die aufgrund behördlicher Verfügungen einen Schaden erleiden (zB Quarantäne)?
- Hier ist zunächst wieder zu prüfen, auf welcher Rechtsgrundlage welche behördlichen Verfügungen getroffen worden sind. Das Epidemiegesetz sieht unter anderem bei Betriebsschließungen, Quarantänen und Verkehrsbeschränkungen Entschädigungszahlungen vor. Selbstständige und Unternehmen haben diesfalls gegenüber dem Bund Anspruch auf eine Entschädigung des durch die behördlichen Verfügungen erlittenen Verdienstentgangs, und zwar für jeden Tag, der von der Verfügung betroffen ist.
- Im Falle einer „Betriebsschließung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz“ sind keine Entschädigungszahlungen vorgesehen (siehe dazu schon Frage II. a). Sie können aber unter Umständen Zahlungen aus dem COVID-19-Kriesenbewältigungsfonds erlangen.
- Wird der Unternehmer selbst oder der Arbeitnehmer gemäß §§ 7 oder 17 Epidemiegesetz unter „Quarantäne“ gestellt (das Gesetz spricht von Absonderung) kann Entschädigung geltend gemacht werden.
Was gilt, wenn Arbeitnehmer nahe Angehörige wegen Krankheit pflegen müssen?
- Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Anspruch auf Freistellung im Ausmaß einer Arbeitswoche pro Arbeitsjahr bei Entgeltfortzahlung, wenn sie im gemeinsamen Haushalt lebende erkrankte nahe Angehörige (zB Kinder, Partner, Eltern) pflegen müssen.
- Auch wenn die bisherige Betreuungsperson erkrankt und damit unter Quarantäne gestellt wird, gebührt ein Anspruch auf Pflegefreistellung.
- Neu eingeführt wurde interimistisch die Möglichkeit einer Freistellung für Angehörige von pflegebedürftigen Personen, wenn deren Pflege oder Betreuung in Folge des Ausfalls einer Betreuungskraft nach dem Hausbetreuungsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2007 nicht mehr sichergestellt ist, sowie für Angehörige von Menschen mit Behinderungen, die persönliche Assistenz in Anspruch nehmen, wenn die persönliche Assistenz in Folge von COVID-19 nicht mehr sichergestellt ist. Diese Freistellungen muss mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Sie kommt unseres Erachtens zum Zug, sofern die oben genannte Freistellung nicht mehr möglich ist.
- Sollte für die Pflege eines erkrankten Kindes unter 12 Jahren eine noch darüber hinausgehende Freistellung erforderlich sein, so wäre der Arbeitnehmer berechtigt – auch ohne entsprechende Urlaubsvereinbarung – seinen Urlaub anzutreten. Darüber hinaus wird vertreten, dass, sollte kein Urlaubsanspruch mehr vorhanden sein, unbezahlter Urlaub (idR im Ausmaß einer weiteren Woche) zu vereinbaren sein wird.
Was gilt, wenn Arbeitnehmer aufgrund von Schließungen der Schulen oder Kindergärten ihre Kinder betreuen müssen?
- Auch Schließungen von Schulen oder Kindergärten können einen Anspruch auf Dienstfreistellung begründen (bei Entgeltfortzahlung für einen kurzen Zeitraum), sofern die Betreuung des Kindes anders nicht bewerkstelligt werden kann. Derzeit wird diese aber durch die Schulen selbst bewerkstelligt, weshalb von einem solchen Anspruch auf Dienstfreistellung (§ 8 Abs 3 AngG) (noch) nicht auszugehen sein wird. Es muss aber damit gerechnet werden, dass die Schulen und Kindergärten bei Verdichtung der Corona-Erkrankten die Betreuung (zB im Hort oder Ähnlichem) nicht aufrecht erhalten werden können, womit der Anspruch auf diese Freistellung wieder auflebt.
- Neu eingeführt wurde interimistisch die Möglichkeit einer Freistellung für Eltern, die mit dem Arbeitgeber vereinbart sein muss. Diese kommt unseres Erachtens zum Zug, sofern die oben genannte Freistellung nicht (mehr) möglich ist, für den Fall, dass das Kind gesund ist und aufgrund der Schließung der Betreuungseinrichtung betreut werden muss, eine sonstige Betreuungseinrichtung (wie der Hort) – wie derzeit – noch besteht.
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten für Kinder unter 14 Jahren (die nicht in einem versorgungskritischen Bereich tätig sind und keinen Anspruch auf Dienstfreistellung zur Betreuung ihres Kindes haben) können von ihren Arbeitgebern daher jetzt bis zu drei Wochen Sonderbetreuungszeit erhalten. Die Entscheidung darüber trifft der Arbeitgeber. Die Arbeitgeber entscheiden, ob sie die Mitarbeiter freistellen. Im Falle einer Freistellung übernimmt der Bund ein Drittel der Lohnkosten in den nächsten Wochen bis Ostern.
Was gilt für Dienstreisen und Arbeitnehmer, die den Dienstort nicht erreichen können?
- Aufgrund der derzeitigen Situation sind Dienstreisen quasi unmöglich geworden, weshalb wohl derzeit davon ausgegangen werden kann, dass diese weder angeordnet werden noch durchgeführt werden. Einerseits sind Reisewarnungen des Außenministeriums ab Warnstufe 5 und 6 sowohl vom Arbeitgeber (Fürsorgepflicht), als auch von den Arbeitnehmern zu beachten.
- Dienstreisen in Länder, für die eine Reisewarnung gilt, dürfen daher nicht mehr durchgeführt werden.
- Konnten Dienstnehmer den Dienstort nicht wieder erreichen, weil sie in einem Gebiet festsitzen, für das nach dem Epidemiegesetz Verkehrsbeschränkungen angeordnet wurden, haben sie Anspruch auf Entgeltfortzahlung und der Dienstgeber hat einen Ersatzanspruch gegen den Bund.
- Sind Arbeitnehmer aus eigenem Verschulden nicht mehr in der Lage, den Dienstort zu erreichen, zB weil sie Urlaubsreisen trotz Reisewarnung angetreten haben, entfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Gesundheitsbezogene Maßnahmen:
Muss der Arbeitgeber in seinem Betrieb besondere Maßnahmen ergreifen?
- Allgemein trifft den Arbeitgeber die Pflicht, die Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen (sogenannte Fürsorgepflicht). Als erste Maßnahme ist daher die Belegschaft durch Home-Office (wo dies möglich ist) zu schützen.
- In Betrieben, in denen das nicht möglich ist und wo noch gearbeitet wird, muss mindestens die Bereitstellung entsprechender Hygienemittel und Informationen eingehalten werden. Allerdings kann wohl außer in Ausnahmefällen (zB Krankenanstalten) nicht verlangt werden, dass der Arbeitgeber zB Schutzmasken zur Verfügung stellt. In Ermangelung der Schutzmasken bleibt diese Frage derzeit leider auch für gefährdete Betriebe ungelöst.
Home Office
Ganz allgemein wird unter Home-Office (Telearbeit) die Erbringung von Arbeitsleistungen am Wohnort des Arbeitnehmers verstanden. Dies erfolgt in der Regel unter Verwendung moderner Technologien (Laptop, Tablet, Smartphone etc). Diese Art der Arbeitsgestaltung geht auch mit einer Reihe von Problemstellungen einher:
Kann der Arbeitgeber einseitig Home Office anordnen?
- Home-Office bedarf einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dies wird auch damit begründet, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig dazu verpflichten kann, in seiner (zu seiner Privatsphäre zählenden) Wohnung Arbeitsleistungen zu erbringen.
- Im Zusammenhang mit der gegenständlichen Problematik kommt – in Betrieben mit Betriebsrat – der Abschluss einer Betriebsvereinbarung in Betracht. Dabei können unter anderem Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur besseren Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf vorgesehen werden.
- Sofern es noch keine Home-Office Vereinbarung gibt, kann Home Office vom Arbeitgeber also nicht einseitig angeordnet werden.
Was ist bei Abschluss einer Home Office-Vereinbarung zu beachten?
- Es sollte unbedingt ein Widerrufsvorbehalt in der Vereinbarung festgelegt werden: Beispielsweise kann die Beschäftigung des Arbeitnehmers im Home-Office bzw in Telearbeit dadurch begründet werden, dass diese Art der Beschäftigung anlassbezogen für eine gewisse Dauer vereinbart wird. Ist der entsprechende anlassbezogene Zeitraum, für den Home-Office bzw Telearbeit vereinbart waren, abgelaufen, ist die betriebliche Arbeitsstätte für den weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses wieder der einzige Arbeits- bzw Einsatzort des Arbeitnehmers.
- Außerdem sollte festgelegt werden, mit wessen Betriebsmitteln gearbeitet wird, ob also der Arbeitgeber Laptop und Mobiltelefon zur Verfügung stellt oder, ob der Arbeitnehmer einen Aufwandersatzanspruch hat, wenn er eigene Arbeitsmittel einsetzt.
- Bei Abschluss einer Home-Office Vereinbarung sind auch die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Pflichten zu beachten. Datenschutzrechtlich stellt Home-Office dann kein Problem dar, wenn geeignete organisatorische und technische Maßnahmen iSd Art 32 DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten sicherstellen. Die Einhaltung der Datenschutzpflichten und die Frage, welche Daten auf welchen Geräten (Notebook, iPad, Handy – privat/beruflich?) wie (gesichert/verschlüsselt?) verarbeitet werden dürfen, ist jedenfalls zu regeln. Dies kann zB durch interne Datenschutzrichtlinien und Handlungsanweisungen geschehen. Grundsätzlich gilt bei Home-Office derselbe Datenschutzmaßstab wie im Unternehmen.
Haben Arbeitnehmer eine Telefonüberwachung durch den Arbeitgeber zu befürchten bzw. wann darf der Arbeitgeber Telefongespräche überwachen?
- Grundsätzlich ist das heimliche Abhören von allen dienstlichen und privaten Telefongesprächen der Arbeitnehmer ist unzulässig.
- Bei der Telefonüberwachung stehen die Rechte des Arbeitnehmers auf Achtung der Privatsphäre, insb Geheimnissphäre und Datenschutz, und Fernmeldegeheimnis gegenüber dem Eigentumsrecht und dem Schutz des Betriebes aufseiten des Arbeitgebers.
- Für dienstliche Telefongespräche gilt, dass Telefonregistrieranlagen, welche die Nummer der anrufenden oder angerufenen Nebenstelle, die Höhe der Gesprächsgebühr sowie Datum und Uhrzeit eines Telefonats registrieren, nach erfolgter Information der Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrates bzw der Arbeitnehmer eingerichtet werden können.
- Ein Mithören dienstlicher Telefonate soll bei entsprechender Information nur in Ausnahmefällen zulässig sein, wenn nämlich der Telefonierende von der Tatsache des Mithörens unmittelbar akustisch oder optisch Kenntnis erlangt.
- Bei privaten Telefongesprächen ist selbst erkennbares Mithören unzulässig, nicht aber die Unterbrechung des Telefonats.
Besteht ein Rechtsanspruch auf Home Office?
- Ein Rechtsanspruch auf Home-Office besteht eigentlich nicht.
- Zugunsten des Arbeitnehmers und in Zusammenschau mit der offiziellen Aufforderung zur Arbeit in Home-Office könnte das allenfalls im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, wenn es der Gesundheitsschutz erfordert, anders beurteilt werden. Ein solcher Anspruch wäre einerseits aber natürlich überhaupt nur dort denkbar, wo Tätigkeiten von zu Hause aus erledigt werden können. Andererseits kann vom Arbeitgeber uE derzeit auch nicht die Anschaffung von Betriebsmitteln gefordert werden, um Home-Office erst zu ermöglichen.
Sind Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen?
- Dass eine Kontrolle durch den Arbeitgeber nicht im selben Ausmaß möglich ist, wie bei Aufenthalt des Arbeitnehmers in den Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers, ist offenkundig.
- Arbeitnehmer, die überwiegend (mehr als 50 % ihrer Arbeitszeit) in ihrer Wohnung tätig sind, müssen aber Aufzeichnungen über die Dauer der Arbeitszeit selbst führen (sofern dies mit Betriebsvereinbarung festgesetzt wurde).
- Die Pflicht für den Arbeitgeber Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, bleibt bestehen.
Sind Unfälle während des Home-Office Arbeitsunfälle?
- Mit dem 3. COVID-19-Gesetz wurde eine Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beschlossen, wodurch Arbeitsunfälle auch Unfälle sind, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung am Aufenthaltsort der versicherten Person (Homeoffice) ereignen. Der Aufenthaltsort der versicherten Person (Homeoffice) gilt für den Anwendungsbereich des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes als Arbeitsstätte
Finanzielle Abfederungsmaßnahmen für den Arbeitgeber während der Krise
- Es kommen die normalen arbeitsrechtlichen Beendigungsmodalitäten (Kündigung, einvernehmliche Auflösung mit oder ohne Wiedereinstellungszusage, Teilzeit, Abbau von Urlaub, Zeitausgleich) aber auch und vor allem die Kurzarbeit neu in Frage. Aufgrund der desaströsen Situation für die gesamte Bevölkerung empfiehlt die Bundesregierung die Arbeitnehmer „in Kurzarbeit“ zu schicken und möglichst von Kündigungen Abstand zu nehmen. Daneben bestehen selbstverständlich die finanziellen Abfederungen, die oben beschrieben worden sind.
- Wo Kündigungen und einvernehmliche Lösungen nötig sind, gelten die allgemeinen Regeln zum Kündigungsrecht.
Was ist Kurzarbeit?
- Von Kurzarbeit spricht man, wenn in einem Betrieb die Arbeitszeit zeitlich beschränkt wird. Die Kurzarbeit dient zur Überbrückung von wirtschaftlichen Krisen (wie dieser). Hauptzweck der Kurzarbeit ist es, die Arbeitnehmer im Betrieb, dh in aufrechten Arbeitsverhältnissen zu halten.
- Die Kurzarbeit wurde für die Zeit des Coronavirus neu gestaltet. Es gibt auch Kurzarbeit für kleinere und mittlere Unternehmen, kleine Dienstleistungsunternehmen ebenso wie für große Industrieunternehmen.
- Die zweite wesentliche Änderung ist, dass die Arbeitgeber die Arbeitszeit vorübergehend auch auf null reduzieren können. Grundsätzlich aber muss die gekürzte Normalarbeitszeit zwischen 10% und 90% der kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit liegen; dies im Durchschnitt des Durchrechnungszeitraumes. Die Lage der gekürzten Normalarbeitszeit ist auf die einzelnen Wochentage zu verteilen.
Arbeitgeber können ab 1. März 2020 rückwirkend beim zuständigen AMS um Kurzarbeit ansuchen. Die Wartezeit dafür sollte 48 Stunden betragen.
Welche Zuschüsse können erlangt werden?
- Die Zuschüsse betreffen sowohl Sozialversicherungsbeiträge als auch Gehälter. Es gibt dabei bestimmte Gehaltsstufen und -gruppen.
- Die Nettoersatzrate beim neuen Kurzarbeitsmodell beträgt zwischen 80 und 90 %, wobei Geringverdiener die höchste Nettoersatzrate haben. Wird die Kurzarbeit bei einem zB € 1.000.- netto Verdiener vereinbart, soll eine 90 %ige Ersatzrate greifen, Die Nettoersatzrate sinkt dann entsprechend, wenn mehr verdient wird, aber offenbar nicht unter 80 %. Dafür sind zur Zeit € 400 Mio bereitgestellt.
- Die Bundesrichtlinie zur Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-COVID-19) sieht dazu vor, dass Alturlaubsansprüche sowie Zeitguthaben tunlichst abzubauen sind. Da der Urlaubsverbrauch (bzw. Verbrauch von Zeitguthaben) vom Arbeitgeber nicht einseitig angeordnet werden kann, hat er lediglich ein ernstliches Bemühen und keinen bestimmten Erfolg nachzuweisen. Kommt es etwa in Verhandlungen mit dem Betriebsrat/Arbeitnehmer zu keiner Einigung über den Abbau von Alturlauben (bzw. von Zeitguthaben), schadet dies dem Arbeitgeber nicht. Alturlaube und Zeitguthaben können auch während des Kurzarbeitszeitraumes abgebaut werden.
- Für die Bemessung des Urlaubsentgeltes (bzw der Urlaubsersatzleistung) ist die Arbeitszeit vor Kurzarbeit zugrunde zu legen.
- Bei Berechnung des Entgeltes nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG bzw Krankengeldzuschuss nach manchen Kollektivverträgen) gilt dies – nach Nachbesserung des Arbeitsministeriums nicht mehr. Es gilt daher auch nicht das Ausfallsprinzip.
- Kündigungen sind während der Kurzarbeit nicht erlaubt. Der letzte Kündigungsausspruch muss vor Einführung der Kurzarbeit liegen. Die Kündigungsentschädigung bemisst sich nach dem Entgelt vor Einführung der Kurzarbeit.
- Sonderzahlungen sind auf der Basis des Entgelts (oder Bruttolohn, je nach Kollektivvertrag) vor Kurzarbeit zu bezahlen.
- Beiträge zur „Abfertigung neu“ sind auf Grundlage der Arbeitszeit vor deren Herabsetzung zu bezahlen. Ebenso für die Bemessung der „Abfertigung alt“ ist jenes Entgelt heranzuziehen, das gebührt hätte, wenn keine Kurzarbeit vereinbart worden wäre.
- Während der Kurzarbeit sind die Dienstnehmer- und Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung so zu bezahlen, als wäre die Arbeitszeit nicht verkürzt worden. Die Sozialversicherungsbeiträge werden bei diesem Modell ab dem 1. Monat vom Bund (zumindest zum Teil) übernommen.
- Die Behaltefrist des Arbeitnehmers beträgt unabhängig von der Dauer der Kurzarbeit einen Monat, dies gilt nicht bei befristeten Verträgen. Kündigungen dürfen frühestens nach Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden, aber nicht während der Kurzarbeit.
- Eine Änderung der vereinbarten Reduktion der Arbeitszeit durch Arbeitszeitveränderung ist möglich, erfordert jedoch eine vorherige Meldung an die Sozialpartner mindestens fünf Arbeitstage vor Änderung der Arbeitszeit.
- Die Kurzarbeit kann derzeit maximal auf drei Monate befristet abgeschlossen werden. Bei Bedarf ist eine Verlängerung um drei Monate nach Gesprächen der Sozialpartner möglich.
Was ist zu tun, falls ein Unternehmen Kurzarbeit anstrebt?
Kurzarbeit setzt den Abschluss der Corona-Sozialpartnervereinbarung voraus, die unterschrieben werden muss
- vom Betriebsrat bzw vom jeweiligen Arbeitnehmer (bei Fehlen eines Betriebsrates)
- von der zuständigen Fachgewerkschaft und der zuständigen Fachorgansiation in der Wirtschaftskammerorganisation
Die Unterschrift der Sozialpartner erfolgt binnen 48 Stunden ab unterschriftsreifer Vereinbarung.
- Schritt 1: Umgehende Verständigung des AMS über bestehende Beschäftigungsschwierigkeiten. Der Erstkontakt kann dabei über E-Mail oder telefonisch erfolgen.
- Schritt 2: Gespräche mit dem Betriebsrat, wenn vorhanden, sonst mit den jeweiligen einzelnen Arbeitnehmern.
- Schritt 3: Sozialpartnervereinbarung . Übermittlung einer schriftlichen, wirtschaftlichen Begründung über die Notwendigkeit der Kurzarbeit an jede zuständige Gewerkschaft.
- Schritt 4: Einbringung des Antrags beim zuständigen AMS. Das AMS prüft und leitet die Unterlagen an die WKO und die zuständigen Fachgewerkschaften weiter.
Der Arbeitgeber muss folgende Dokumente ausfüllen bzw die dazugehörigen Vereinbarungen abschließen: „Sozialpartnervereinbarung- Betriebsvereinbarung“ oder Sozialpartner-Einzelvereinbarung noch ohne Unterschrift der Sozialpartner, AMS-Antragsformular (Corona), Begründung über wirtschaftliche Schwierigkeiten (es genügt ein Verweis auf Corona und Folgemaßnahmen).
Welche Informationen benötigt das AMS?
- Genauer aktueller Beschäftigungsstand,
- Geplante Dauer der Kurzarbeit,
- Anzahl der von der Kurzarbeit betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,
- Durchschnittliches Einkommen in den jeweiligen Einkommensgruppen sowie
- Geplante maximale Arbeitszeitreduktion.
Als Ergebnis gibt es drei mögliche Wege:
Die Gewerkschaft und WKO stimmen zu. Die Zustimmung wird via elektronischem Schriftverkehr erteilt.
Die WKO oder Fachgewerkschaft verlangt ein Gespräch, dann ist ein Termin zu vereinbaren.
Die WKO oder Gewerkschaft lehnt ab und informiert das AMS und den jeweils anderen Sozialpartner. Das AMS informiert dann den Arbeitgeber.
Verbrauch von Urlaub bei Maßnahmen auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes
Auch das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch – ABGB erfuhr durch das 2.COVID-19-Gesetz Anpassungen; in § 1155 ABGB wurde ein Abs 3 und 4 hinzugefügt:
Arbeitnehmer, deren Dienstleistungen aufgrund von Maßnahmen auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes, die zum Verbot oder zu Einschränkungen des Betretens von Betrieben führen, nicht zustande kommen, sind verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers in dieser Zeit Urlaubs- und Zeitguthaben zu verbrauchen. Für den Verbrauch gilt:
- Urlaubsansprüche aus dem laufenden Urlaubsjahr müssen nur im Ausmaß von bis zu 2 Wochen verbraucht werden.
- Von der Verbrauchspflicht sind weiters ausgenommen solche Zeitguthaben, die auf der durch kollektive Rechtsquellen geregelten Umwandlung von Geldansprüchen beruhen (Freizeitoption).
- Insgesamt müssen nicht mehr als 8 Wochen an Urlaubs- und Zeitguthaben verbraucht werden.
Wie ist die Sonderfreistellung/Home-Office für Arbeitnehmer, die der Risikogruppe angehören geregelt?
Das 3. COVID-19 Gesetz regelt eine Neuerung für Arbeitnehmer, die einer Risikogruppe angehören. Wer dazu zählt entscheidet in einem ersten Schritt der Krankenversicherungsträger, der den Betroffenen über seine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren hat. Der den Betroffenen behandelnde Arzt hat infolge dieser allgemeinen Information des Krankenversicherungsträgers die individuelle Risikosituation zu beurteilen und gegebenenfalls ein Attest über die Zuordnung des Betroffenen zur COVID-19-Risikogruppe auszustellen (sog. COVID-19-Risikoattest).
Legt ein Betroffener dem Arbeitgeber dieses COVID-19-Risiko-Attest vor, hat er Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung und Fortzahlung des Entgelts, außer
- Der Betroffene kann seine Arbeitsleistung im Home-Office erbringen, oder
- Die Bedingungen für die Erbringung seiner Arbeitsleistung in der Arbeitsstätte können durch geeignete Maßnahmen so gestaltet werden, dass eine Ansteckung mit Covid-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen werden kann; dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg mit einzubeziehen.
- Eine Kündigung, die wegen der Inanspruchnahme der Dienstfreistellung ausgesprochen wird, kann bei Gericht angefochten werden.
Die Freistellung gilt derzeit bis längstens 30. April 2020, kann aber von Seiten der Ministerien durch Verordnung auf längstens 31. Dezember 2020 verlängert werden.
Dies gilt nicht für Betroffene, die in den Bereichen der kritischen Infrastruktur beschäftigt sind.
Der Arbeitgeber – mit Ausnahme des Arbeitgebers Bund – hat Anspruch auf Erstattung des an den Betroffenen geleisteten Entgelts sowie der Dienstgeberanteile am Sozialversicherungsbeitrag, Arbeitslosenversicherungsbeitrag und sonstigen Beiträgen durch den Krankenversicherungsträger. Der Antrag auf Ersatz ist spätestens sechs Wochen nach dem Ende der Freistellung beim Krankenversicherungsträger einzubringen. Der Bund hat dem Krankenversicherungsträger die daraus resultierenden Aufwendungen zu ersetzen.
4. Vertragsrecht
Ist COVID-19 und dessen Auswirkungen ein Ereignis höherer Gewalt?
- Im österreichischen Rechtsverständnis stellt „höhere Gewalt“ ein von außen einwirkendes elementares Ereignis dar, das auch durch die äußerste zumutbare Sorgfalt nicht zu verhindern war und so außergewöhnlich ist, dass es nicht als typische Betriebsgefahr anzusehen ist. Regelmäßig werden Seuchen genannt. Dabei darf der Eintritt des Ereignisses auch nicht von einer Partei verursacht worden sein. Als ein Ereignis höherer Gewalt wurde beispielsweise der Ausbruch der Infektionskrankheit SARS vom Obersten Gerichtshof im Zusammenhang mit Reiseverträgen qualifiziert.
- Im österreichischen Recht gibt es dazu im Wesentlichen zwei Rechtsfiguren: Das ist der Wegfall der Geschäftsgrundlage und die nachträgliche Unmöglichkeit. Die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage fragt, ob die Fehlvorstellung über geschäftstypische Umstände den Irrenden zur Anfechtung oder Anpassung des Vertrages berechtigt, wenn die Vertragserfüllung für ihn sinnlos geworden ist. Dabei handelt es sich um eine Änderung der Umstände, zB Krieg am Zielort der gebuchten Reise. Die Vertragserfüllung muss aber noch möglich sein. Davon ist die nachträgliche Unmöglichkeit zu unterscheiden, bei der die Vertragserfüllung eben nicht mehr möglich ist.
- Bei COVID-19 kann es sich um Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit handeln, wenn die Vertragserfüllung endgültig vereitelt wurde, zB weil ein Fixgeschäft in der Zeit von Quarantäne-Maßnahmen erfüllt werden müsste. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage kann dagegen vorliegen, wenn die Vertragserfüllung theoretisch noch möglich wäre, aber die Leistungen sinnlos geworden sind. Es kommt also auf die konkreten Leistungspflichten an und, wie sich die Corona-Krise darauf auswirkt. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Institut des Wegfalls Geschäftsgrundlage (gegenüber anderen Möglichkeiten, rechtsgeschäftliche Bindungen zu beseitigen) aber nur als letztes Mittel heranzuziehen.
- Der Unterschied ist wesentlich, da die Rechtsfolgen nicht einheitlich sind. Während beim Wegfall der Geschäftsgrundlage die Rechtsfolge in der Anfechtbarkeit des Vertrages besteht, werden bei nachträglicher Unmöglichkeit die Vertragsparteien leistungsfrei.
Was gilt, wenn bei einem zweiseitig verbindlichen Vertrag die Vertragserfüllung für den Schuldner auf Grund von COVID-19 und dessen Auswirkungen nicht möglich ist?
- Wenn davon ausgegangen wird, dass bei einem bestimmten Vertrag weder nachträgliche Unmöglichkeit, noch Wegfall der Geschäftsgrundlage anzunehmen sind und sonst keine Vertragsverletzung vorliegt, also „nur“ COVID-19 und dessen Auswirkungen der Erfüllung des Vertrages entgegensteht, ist von Leistungsstörungen auszugehen.
- Leistungsstörungen sind Störungen bei Erfüllung (Abwicklung, Durchführung) des Schuldverhältnisses.
- COVID-19 und dessen Auswirkungen machen Verträge nicht rechtsunwirksam, sodass diese weiterhin rechtsverbindlich sind. Allerdings kann es durch die derzeitigen Umstände (i) zu einem objektivem (dh. vom Schuldner nicht verschuldeten) Verzug, (ii) rechtlichen Unmöglichkeit (beispielsweise bei Betriebsschließungen- oder Beschränkungen) kommen oder (iii) die Erbringung der vertraglich zugesicherten Leistung wird für den Schuldner unzumutbar (Ansteckungsgefahr).
- Tritt ein solcher Fall ein, ist als erster Schritt im Vertrag zu prüfen, ob es dafür entsprechende vertragliche Bestimmungen gibt, die diese Situation auflösen. Wurde vertraglich nicht vorgesorgt und finden die Vertragsparteien keine einvernehmliche Lösung, so ist auf das gesetzlich geregelte Leistungsstörungsrecht zurückzugreifen:
- Schuldnerverzug: Beim objektiven Schuldnerverzug hat der Gläubiger ein Wahlrecht: Er kann weiterhin auf Erfüllung bestehen, also seinen Vertragsanspruch geltend machen oder unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten (durch den objektiven Schuldnerverzug wird das gesetzliche Rücktrittsrecht nach § 918 ABGB ausgelöst). Die Nachfrist muss angemessen sein; sie muss dem Schuldner ermöglichen, die Leistung nachzuholen.
- Was aber unter den derzeitigen Umständen als angemessene Nachfrist zu beurteilen ist, ist äußerst fraglich und im konkreten Einzelfall zu prüfen.
- Liegt ein Fixgeschäft (Veranstaltung, Konzert) vor und gerät der Schuldner in Verzug, so zerfällt der Vertrag, ohne dass der Gläubiger eine Nachfrist setzen oder den Rücktritt erklären müsste.
- (Rechtliche) Unmöglichkeit: Unmöglichkeit der Leistungserbringung bedeutet, dass der Leistung ein dauerhaftes Hindernis entgegensteht. Ein solches ist anzunehmen, wenn nach der Verkehrsauffassung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Leistung auch in Zukunft nicht mehr erbracht werden kann. Ob die Unmöglichkeit der Leistung als eine dauernde (endgültige) anzusehen ist, ist zum Teil Tatfrage, zum Teil auch ein Wertungsproblem. Die Erbringung einer geschuldeten Leistung ist beispielsweise dann rechtlich unmöglich, wenn sie durch individuellen oder generellen Hoheitsakt untersagt wird und das Geschäft an einen fixen Termin gebunden ist (z.B. Veranstaltung, Konzert, etc).
- Die Rechtsfolge ist, dass der Vertrag zerfällt und bereits erfolgte Zahlungen oder Teilzahlungen rückabgewickelt werden müssen (empfangene Leistungen sind wechselseitig zurückzustellen).
- Ersatz des Nichterfüllungsschadens setzt Verschulden voraus, was in der gegenwärtigen Situation aber nicht vorliegen dürfte, es sei denn, der Vertragspartner hat vorwerfbar keine angemessene Vorsorgemaßnahmen- bzw. Maßnahmen getroffen oder Krisenpläne erstellt, um seinen Vertragspflichten selbst in (vorhersehbaren) Krisenzeiten nachkommen zu können.
- Wenn aber ein leistungsbereiter Schuldner seine Leistung erbringen kann, der Gläubiger aber auf Grund von COVID-19 und dessen Auswirkungen die vom Schuldner zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort und auf die bedungene Weise angebotene Leistung nicht annimmt oder nicht annehmen kann, liegt Gläubigerverzug vor. Auf ein Verschulden des Gläubigers kommt es nicht an. Weil aber der Gläubiger zur Annahme nicht verpflichtet ist, löst sein Verzug auch nicht die Folgen der §§ 918 ABGB aus. Er ist nur eine Obliegenheitsverletzung. Ganz allgemein ist aber eine Abnahmepflicht dann anzunehmen, wenn den Parteien beim Vertragsabschluss klar sein muss, dass die Nichtannahme den Schuldner erheblich schädigen würde.
- Der vertragstreue Teil kann dann nach den §§ 918ff ABGB vorgehen und weiterhin Erfüllung begehren oder unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten. Rechtlich besonders schwierig zu lösen ist der Fall, wenn ein Schuldner seine vertraglichen Verbindlichkeiten sehr wohl erbringen könnte, diese für den Vertragspartner aufgrund der gegenwärtigen Ausnahmesituation jedoch nutzlos sind. Hier kann unter bestimmten Umständen ein Wegfall der Geschäftsgrundlage argumentiert werden, was vor allem dann möglich sein wird, wenn im Vertrag entsprechende Klauseln (MAC oder force majeure-Klauseln) enthalten sind.
Welche Auswirkungen hat COVID-19 auf (internationale) Lieferverträge und was sind „Force-majeure-Klauseln“?
- Im Liefervertrag oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen können dazu eindeutige Regeln getroffen worden sein. Eine Bestimmung, die „höhere Gewalt“ und deren Folgen regelt, könnte dazu führen, dass die Vertragspartner ganz oder teilweise von der Erfüllung ihrer Verpflichtungen befreit sind. Wie weit die vertragliche Definition der höheren Gewalt aber reicht und welche Rechtsfolgen die Vertragsklausel anordnet, ist nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung zu beurteilen. Oftmals sind auch bestimmte Warn- und Verständigungspflichten vorgesehen.
- Ob eine solche vertragliche Bestimmung, die Fälle „höhere Gewalt“ regelt, getroffen wurde, ist einzelvertraglich zu prüfen. Enthält ein Vertrag keine Force-majeure-Klausel, dann muss zunächst das anwendbare Recht ermittelt werden.
- In (internationalen) Verträgen werden regelmäßig eigens sogenannte „Force-majeure-Klauseln“ vereinbart, deren Inhalt von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann. Diese Klauseln enthalten oft eine allgemeine Definition des Begriffes „höhere Gewalt“, verbunden mit Anwendungsbeispielen. Beruft sich eine Partei darauf, dann wird sie von ihrer Leistungspflicht zunächst vorübergehend frei. Hält der Zustand länger an, geht diese Vertragssuspension in ein beiderseitiges Kündigungsrecht über.
- Gebräuchlich sind auch sogenannte MAC-Klauseln (material adverse change) die eine Partei bei bereits abgeschlossenen, aber noch nicht in Vollzug gesetzten Verträgen zu einseitigem Vertragsrücktritt bei Eintritt wesentlicher negativer Entwicklungen berechtigen.
- Sofern das UN-Kaufrecht zur Anwendung kommt ist Artikel 79 zu beachten: Das UN-Kaufrecht enthält einen speziell für Lieferverträge anwendbaren Force-majeure-Tatbestand: Laut Artikel 79 entfällt für den Lieferanten eines internationalen Kaufvertrages die Haftung für ein aus höherer Gewalt resultierendes Leistungshindernis. Der Schuldner hat aber zu beweisen, dass die Nichterfüllung nicht in seinem Einflussbereich liegt. Zu beachten ist aber, dass die Partei, die nicht erfüllt, den Hinderungsgrund und seine Auswirkung auf ihre Fähigkeit zu erfüllen der anderen Partei mitzuteilen hat. Erhält die andere Partei die Mitteilung nicht innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem die nicht erfüllende Partei den Hinderungsgrund kannte oder kennen musste, so haftet sie für den aus diesem Nichterhalt entstehenden Schaden.
- Die Einordnung von COVID-19 und dessen Auswirkungen als Force-majeure-Ereignis wird in der Regel zu bejahen sein, die Konsequenzen hängen jedoch von der anwendbaren Rechtsordnung und der konkreten Vertragsgestaltung ab.
- Im Zusammenhang mit Reiseverträgen hat der OGH den Ausbruch der Infektionskrankheit SARS aber bereits als Unzumutbarkeit infolge höherer Gewalt qualifiziert. Die Folge wäre eine Anpassung oder Anfechtung des Vertrages.
- Kann daher die vertraglich vereinbarte Leistung bzw. Lieferung nicht oder nicht rechtzeitig erbracht werden, so ist der Vertragspartner rasch zu informieren, um den Schaden möglichst gering zu halten.
Können Lieferverpflichtungen ausgesetzt oder auf Vorauszahlung („Vorkasse“) umgestellt werden, wenn die Gefahr besteht, dass der Vertragspartner die Lieferung infolge der Corona-Krise nicht bezahlen kann?
- Sofern die Änderung der Zahlungsbedingungen bei Eintritt bestimmter Ereignisse vertraglich vereinbart wurde, könnte darauf – sofern die derzeitige Krise darunter zu subsumieren ist – zurückgegriffen werden (beispielsweise: „Die Verkäuferin ist berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, wenn ihr nach Rechtswirksamkeit des Auftrages und noch vor dessen Erfüllung Umstände bekannt werden, welche die wirtschaftlichen Verhältnisse des Käufers bzw Auftraggebers nicht mehr ausreichend gesichert erscheinen lassen“). In den meisten Verträgen wurde eine solche Krise vermutlich nicht berücksichtigt.
- Wurde daher vertraglich – wie in den meisten Fällen – dieser Fall nicht bedacht, d. h. enthält der Vertrag keine derartige Klausel, so kommen die gesetzlichen Regeln zur Anwendung.
- Sofern österreichisches Recht zur Anwendung kommt, kann auf § 1052 ABGB zurückgegriffen werden (sofern infolge dispositiver Natur des § 1052 ABGB nicht ausgeschlossen; unabdingbar ist § 1052 hingegen für Verbrauchergeschäfte und zugunsten von Wohnungseigentums-Bewerbern):
- Diese Bestimmung ist, vorbehaltlich spezifischer Regelungen (zB Versicherungsverträge, §§ 39, 77 VersVG), nicht nur auf Kauf- und Tauschverträge, sondern auf alle zweiseitig verpflichtenden, auf Ziel oder Dauer angelegten Vereinbarungen anzuwenden.
- Der Vorleistungspflichtige kann seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mussten. Die Gefährdung der Gegenleistung setzt nicht gerade die Zahlungsunfähigkeit voraus, sie ist auch dann anzunehmen, wenn der zahlungsfähige Schuldner infolge unwirtschaftlicher Gebarung oder aus anderen Gründen über die zur Deckung seiner Schulden notwendigen Geldmittel nicht verfügt, sodass der Vorleistungspflichtige mit einer unverhältnismäßigen Verzögerung der Gegenleistung, wenn nicht mit deren Erzwingung im Exekutionsweg rechnen muss oder sich so verhält, dass der Vorleistungspflichtige mit einer solchen Gefährdung rechnen muss.
- Objektiv begründete Besorgnis des Nachleistungsberechtigten über mögliche Zahlungsunfähigkeit im Fälligkeitszeitpunkt oder über mangelnde Fähigkeit zur Leistungserbringung reicht daher aus.
- Der Schuldner darf aufgrund der Einrede seine eigene Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern; diesfalls befindet sich der Schuldner auf Grund des Leistungsverweigerungsrechts nicht in Verzug. Die Ware bleibt in der Gefahrensphäre des Leistungspflichtigen. Das Leistungsverweigerungsrecht führt weder zu einer Schadenersatzpflicht noch – bei Geldleistungen – zur Pflicht, Zinsen zu zahlen, weil die Einrede des nicht erfüllten Vertrages trotz Fälligkeit der Forderung die Zahlungspflicht hinausschiebt.
Bestehen besondere Pflichten bei Neuabschluss von Verträgen während der Corona-Krise?
- Beim Abschluss von Neuverträgen ist derzeit Vorsicht geboten, wenn der Lieferant auf Grund von COVID-19 und dessen derzeit bekannten Auswirkungen allenfalls schon bei Vertragsabschluss erkennen kann, dass er unmögliche Verpflichtungen eingeht, daher schuldhaft Lieferverbindlichkeiten nicht wahrnehmen kann und schadenersatzpflichtig wird. Über Zweifel an der Erfüllbarkeit sollten Vertragspartner daher jedenfalls nachweislich aufgeklärt werden.
Wer zahlt, wenn Konzerte, Theater oder Reisen abgesagt werden?
- Wird das Konzert abgesagt, kommt der Veranstalter seiner Leistungspflicht nicht nach.
- Manche Veranstalter argumentieren mit höherer Gewalt und wollen geleistete Anzahlungen nicht zurück bezahlen. Es gibt zwar derlei Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Veranstalter nicht haften muss, wenn das Konzert, das Spiel oder die Messe aufgrund eines unvorhergesehenen Ereignisses ausfällt, auf das er keinen Einfluss hat. Hier ist allerdings im Einzelfall zu prüfen, ob es sich um ein B-to-C Geschäft oder ein Geschäft zwischen Unternehmern handelt, da große Unterschiede bei der Zulässigkeit bestimmter Klauseln bestehen.
Ist eine vertragliche vereinbarte Stornogebühr auch dann zu entrichten, wenn die Leistungsabwicklung aufgrund des Corona-Virus unterbleibt?
- Die Vereinbarung einer Stornogebühr in Höhe des tatsächlich erlittenen Schadens als Gegenleistung für die Einräumung eines (grundlosen) Rücktrittsrechts ist nicht gröblich benachteiligend, weil ein solcher Ersatzanspruch durchaus dem dispositiven Recht (§§ 918 ff, § 1168 ABGB) entspricht.
- Durch die Vereinbarung einer Stornogebühr wird ein zusätzliches vertragliches Rücktrittsrecht vereinbart, welches ohne Angabe von Gründen ausgeübt werden kann, jedoch oftmals an Fristen gebunden ist.
- Stehen dem Vertragspartner aufgrund des Coronaviruses gesetzliche Rücktrittsrechte zu, und kann daher (sofern nichts anderes vereinbart wurde), ein Vertrag auch ohne Rückgriff auf die vertragliche Stornobestimmung angefochten werden, muss grundsätzlich auch keine Stornogebühr bezahlt werden.
Besteht im Falle des Verzuges, welcher durch die COVID-19 Pandemie verursacht wurde, ein Recht vertraglich vereinbarte Konventionalstrafen zu verlangen?
- Soweit bei einem vor dem 1. April 2020 eingegangenen Vertragsverhältnis der Schuldner in Verzug gerät, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie entweder in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist oder die Leistung wegen der Beschränkungen des Erwerbslebens nicht erbringen kann, ist er nicht verpflichtet, eine vereinbarte Konventionalstrafe im Sinn des § 1336 ABGB zu zahlen. Das gilt auch, wenn vereinbart wurde, dass die Konventionalstrafe unabhängig von einem Verschulden des Schuldners am Verzug zu entrichten ist. Dies wurde mit dem 4. COVID-19-Gesetz beschlossen.
Besteht im Falle des Verzuges, welcher durch die COVID-19 Pandemie verursacht wurde, ein Recht vertraglich vereinbarte Verzugszinsen sowie Inkassokosten zu verlangen?
- Wenn bei einem vor dem 1. April 2020 eingegangenen Vertragsverhältnis der Schuldner eine Zahlung, die im Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 fällig wird, nicht oder nicht vollständig entrichtet, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, muss er für den Zahlungsrückstand ungeachtet abweichender vertraglicher Vereinbarungen höchstens die gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs. 1 ABGB) zahlen und ist nicht verpflichtet, die Kosten von außergerichtlichen Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen zu ersetzen. Dies wurde mit dem 4. COVID-19-Gesetz beschlossen.
Muss ein Unternehmer für sein gesperrtes Geschäftslokal Miete zahlen?
- Muss aufgrund behördlicher Auflagen ein Unternehmer seinen Betrieb geschlossen halten, besteht die Möglichkeit, dass dieser für sein Geschäftslokal keinen Mietzins zu zahlen hat.
- Das ABGB enthält für diesen Fall nämlich eine anwendbare Regelung: Wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten (§ 1104 ABGB). Das Gesetz nennt auch einige Beispiele, etwa „Feuer, Krieg oder Seuche, große Überschwemmungen, Wetterschläge“.
- Darüber hinaus sind Bestandverträge weitgehend so zu bewerten, wie sonstige unmöglich gewordene Verträge zwischen Unternehmern.
- Ob dies auch bereits bei bloß vorübergehenden und kurz andauernden Maßnahmen gilt, ist unklar. § 1104 ABGB umfasst nur jene Fälle, in denen das Mietobjekt zur Gänze zum bedungenen Gebrauch unbrauchbar ist.
- § 1105 ABGB regelt dagegen den beschränkten Gebrauch: „Behält der Mieter trotz eines solchen Zufalls einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes, so wird ihm auch ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen“. Zu prüfen wäre daher, ob die Bestimmung des § 1105 ABGB auf die derzeitige Situation zur Anwendung gelangt.
- Sowohl die Wirtschaftskammer Österreich, als auch das Bundesministerium für Justiz haben in Aussendungen erklärt, dass sie von einem Mietzinsminderungsrecht bei Geschäftsräumlichkeiten wegen COVID-19 ausgehen.
- In Betracht käme allenfalls noch das Recht zur vorzeitigen Auflösung des Mietvertrages gemäß § 1117 ABGB, welches den Bestandnehmer berechtigt auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzusehen, wenn das Bestandstück ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird.
- Durch die ausdrückliche Betonung auf „eine längere Zeit“ wird derzeit das Recht zur sofortigen Auflösung des Mietvertrages unseres Erachtens noch nicht zu bejahen sein.
- Die Regelung des Auflösungsrechts des Bestandnehmers steht einer vertraglichen Vereinbarung grundsätzlich offen, ein gänzlicher Verzicht kann aber insbesondere bei langfristigen Verträgen sittenwidrig sein. Stellt das Bestandverhältnis ein Verbrauchergeschäft dar, kann ein Ausschluss überdies wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 1 Fall 2 und § 9 KSchG unwirksam sein.
- Wie bei jedem Vertrag ist aber auch hier eine Prüfung des konkreten Vertragsinhalts notwendig, da das ABGB dispositives Recht ist und der konkrete Bestandvertrag eine abweichende Bestimmung vorsehen kann.
- Auch im Vollanwendungsbereich des MRG (bei Geschäftsraummiete regelmäßig der Fall) ist die Lage nicht anders zu beurteilen: Im Ausmaß der Einschränkung der Benutzbarkeit des Mietgegenstandes durch außerordentliche Zufälle ist der Bestandnehmer von der Bezahlung des Mietzinses befreit.
- Jedenfalls sollte man genau prüfen, inwieweit der Mietzins gemindert werden kann und allenfalls unter Rückforderungsvorbehalt Miete bezahlen. Andernfalls können Kündigungsgründe vorliegen, die den Vermieter zur Aufkündigung des Mietvertrages berechtigen.
Welches Recht kommt zur Anwendung bei Verträgen mit Lieferanten aus dem Ausland?
- Es kommt auf die vertragliche Vereinbarung an, welches Recht zur Anwendung kommt; es muss jedenfalls nicht immer österreichisches Recht zur Anwendung kommen.
- Wurde im Vertrag im Rahmen einer Rechtswahlvereinbarung geregelt, dass österreichisches Recht zur Anwendung kommt, dann ist der Vertrag nach diesem Recht zu prüfen. Wurde beispielsweise deutsches Recht vereinbart, so unterliegt der Vertrag deutschem Recht.
- Wurde keine Vereinbarung getroffen wurde, kommt – wenn ein österreichisches Gericht mit dem Rechtsstreit befasst ist – grundsätzlich bei Warenkauf- und Dienstleistungsverträgen zwischen zwei Unternehmern das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Verkäufer oder Dienstleistungserbringer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat der Verkäufer daher seinen Geschäftssitz im Ausland, beispielsweise in Italien, dann kommt italienisches Recht zur Anwendung. Ist der Verkäufer also in Österreich und der Abnehmer im Ausland, dann kommt österreichisches Recht zur Anwendung.
- Welches Recht zur Anwendung kommt, hängt aber immer vom konkreten Einzelfall ab. Mehrere Faktoren sind dabei zu berücksichtigen, etwa welcher Gerichtsstand wurde vereinbart, wo hat der Vertragspartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. ob es sich um einen Vertragspartner aus einem EU- oder EWR-Statt oder einem Drittstaat handelt Es ist aber in jedem Einzelfall zu prüfen, welches Recht zur Anwendung kommt. Dies hängt von zahlreichen Faktoren ab, etwa vom Gerichtsstand oder ob es sich um einen Vertragspartner aus um einen Vertragspartner aus einem EU- oder EWR-Staat oder einem Drittstaat handelt.
- Weiters ist zu prüfen, ob im Vertrag die Anwendung des UN-Kaufrechts ausgeschlossen wurde oder nicht. In den meisten Verträgen ist die Anwendung von UN-Kaufrecht ausgeschlossen, sofern nicht, gelten für einen grenzüberschreitenden Kaufvertrag über bewegliche Sachen die Bestimmungen des UN-Kaufrechts.
5. Bankrecht, Finanzierungen & Gesellschaftsrecht
COVID-19 beeinflusst Tätigkeiten von Banken in vielerlei Hinsicht. Die Auswirkungen sind vor allem spürbar, wo nun Unternehmenskunden Börsengänge, Übernahmen oder Emissionen absagen bzw. verschieben und Kunden mit Umsatzeinbußen kämpfen, Kreditlinien ziehen und Sicherheiten nicht mehr ausreichen. Bankvertragsrechtlich sind Anpassungen bei Finanzierungsverträgen und bei Kreditsicherheitsverträge zu erwarten.
Welche Ad hoc Reaktionen gibt es von den Gesetzgebern und Behörden?
- Das COVID-19 Gesetz betraut die Abbaubeteiligungsaktien-gesellschaft des Bundes (ABBAG) mit der Abwicklung finanzieller Unterstützung. Die ABBAG erbringt Dienstleistungen und ergreift finanzielle Maßnahmen zu Gunsten von Unternehmen, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben. Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.
- Die verbindliche Zusage der Erbringung einer Dienstleistung und die Ergreifung einer finanziellen Maßnahme durch die ABBAG zugunsten eines Unternehmens kann von diesem auch im Rahmen einer allenfalls zu erstellenden Fortbestehensprognose zur Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung (§ 67 I0) entsprechend berücksichtigt werden.
- Zu COVID-19 gibt es von der EBA ein Statement, worin auf Banken insofern Rücksicht genommen wird, als einerseits die Banken-Stresstests auf 2021 verschoben werden und andererseits den Aufsichtsbehörden aufgetragen wird, die Flexibilität der Aufsichtsgesetze auszunützen: “EBA statement on actions to mitigate the impact of COVID-19 on the EU banking sector” abrufbar unter: https://eba.europa.eu/eba-statement-actions-mitigate-impact-covid-19-eu-banking-sector
- Die EZB hat Banken diverse Erleichterungen eingeräumt, etwa bei der Ausnützung von für Krisenzeiten vorgesehene Kapital- und Liquiditätspuffer und Anwendung operativer Flexibilität bei der Umsetzung von Aufsichtsmaßnahmen, abrufbar unter https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ecb.pr200312~45417d8643.en.html
- Das COVID-19 Gesetz betraut die Abbaubeteiligungsaktien-gesellschaft des Bundes (ABBAG) mit der Abwicklung finanzieller Unterstützung. Die ABBAG erbringt Dienstleistungen und ergreift finanzielle Maßnahmen zu Gunsten von Unternehmen, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben. Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.
- Die verbindliche Zusage der Erbringung einer Dienstleistung und die Ergreifung einer finanziellen Maßnahme durch die ABBAG zugunsten eines Unternehmens kann von diesem auch im Rahmen einer allenfalls zu erstellenden Fortbestehensprognose zur Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung (§ 67 I0) entsprechend berücksichtigt werden.
- Zu CoViD 19 gibt es von der EBA ein Statement, worin auf Banken insofern Rücksicht genommen wird, als einerseits die Banken-Stresstests auf 2021 verschoben werden und andererseits den Aufsichtsbehörden aufgetragen wird, die Flexibilität der Aufsichtsgesetze auszunützen: “EBA statement on actions to mitigate the impact of COVID-19 on the EU banking sector” abrufbar unter: https://eba.europa.eu/eba-statement-actions-mitigate-impact-covid-19-eu-banking-sector
- Die EZB hat Banken diverse Erleichterungen eingeräumt, etwa bei der Ausnützung von für Krisenzeiten vorgesehene Kapital- und Liquiditätspuffer und Anwendung operativer Flexibilität bei der Umsetzung von Aufsichtsmaßnahmen, abrufbar unter https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ecb.pr200312~45417d8643.en.html
- Auch die FMA hat mittlerweile Rundschreiben zu CoViD 19 für Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht veröffentlicht. Darin werden unter anderem Governance-Erleichterungen und der Aufschub bestimmter aufsichtlicher Vorhaben (zB Festsetzung von MREL) bekannt gegeben. Alle aufsichtsbehördlichen Informationen sind unter https://www.fma.gv.at/aktuelle-informationen-der-europäischen-finanzmarktaufsichtsinstitutionen-zu-den-herausforderungen-durch-den-corona-virus/ abrufbar.
- Das COVID-19 Gesetz betraut die Abbaubeteiligungsaktien-gesellschaft des Bundes (ABBAG) mit der Abwicklung finanzieller Unterstützung. Die ABBAG erbringt Dienstleistungen und ergreift finanzielle Maßnahmen zu Gunsten von Unternehmen, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben. Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.
- Die verbindliche Zusage der Erbringung einer Dienstleistung und die Ergreifung einer finanziellen Maßnahme durch die ABBAG zugunsten eines Unternehmens kann von diesem auch im Rahmen einer allenfalls zu erstellenden Fortbestehensprognose zur Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung (§ 67 I0) entsprechend berücksichtigt werden.
- Zu COVID-19 gibt es von der EBA ein Statement, worin auf Banken insofern Rücksicht genommen wird, als einerseits die Banken-Stresstests auf 2021 verschoben werden und andererseits den Aufsichtsbehörden aufgetragen wird, die Flexibilität der Aufsichtsgesetze auszunützen: “EBA statement on actions to mitigate the impact of COVID-19 on the EU banking sector” abrufbar unter: https://eba.europa.eu/eba-statement-actions-mitigate-impact-covid-19-eu-banking-sector
- Die EZB hat Banken diverse Erleichterungen eingeräumt, etwa bei der Ausnützung von für Krisenzeiten vorgesehene Kapital- und Liquiditätspuffer und Anwendung operativer Flexibilität bei der Umsetzung von Aufsichtsmaßnahmen, abrufbar unter https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ecb.pr200312~45417d8643.en.html
- Auch die FMA hat mittlerweile Rundschreiben zu COVID 19 für Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht veröffentlicht. Darin werden unter anderem Governance-Erleichterungen und der Aufschub bestimmter aufsichtlicher Vorhaben (zB Festsetzung von MREL) bekannt gegeben. Alle aufsichtsbehördlichen Informationen sind unter https://www.fma.gv.at/aktuelle-informationen-der-europäischen-finanzmarktaufsichtsinstitutionen-zu-den-herausforderungen-durch-den-corona-virus/ abrufbar.
Welche Empfehlungen bzw. Maßnahmen sprechen die europäischen Aufsichtsbehörden EBA und ESMA für EU-Banken aus?
- Die EBA bzw. die ESMA haben sich am 25.03.2020 in drei weiteren
Stellungnahmen (zur ersten Stellungnahme der EBA vom 12.03.2020 siehe Frage 1
dieses Kapitels) mit Empfehlungen an EU-Banken aufgrund der aktuellen
Entwicklungen geäußert, die bei den durch EU-Banken zu treffenden Maßnahmen
beachtet werden sollen:
- EBA-Stellungnahme: Erklärung zur Anwendung des aufsichtsrechtlichen Rahmens in Bezug auf Ausfall, Nachsicht und IFRS 9 im Lichte der COVID-19-Maßnahmen (Statement on the application of the prudential framework regarding Default, Forbearance and IFRS9 in light of COVID-19 measures), und
- EBA-Stellungnahme: Erklärung zu Verbraucher- und Zahlungsfragen im Lichte von COVID-19 (Statement on consumer and payment issues in light of COVID-19)
- ESMA-Stellungnahme: Bilanzierung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs auf die Berechnung der erwarteten Kreditverluste gemäß IFRS 9 (Accounting implications of the COVID-19 outbreak on the calculation of expected credit losses in accordance with IFRS 9)
Abrufbar unter: https://eba.europa.eu/eba-provides-clarity-banks-consumers-application-prudential-framework-light-covid-19-measures
- Die EBA hält fest, dass sie Maßnahmen zur Bewältigung der nachteiligen systemischen wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Form eines allgemeinen Moratoriums, Zahlungspausen (Stundungen) aufgrund öffentlicher Maßnahmen oder branchenweiter Zahlungsentlastungsinitiativen von Kreditinstituten unterstützt und informiert darüber wie mit Aspekten im Zusammenhang mit
- der Klassifizierung von Kreditausfällen,
- der Identifizierung von Risikopositionen und
- der Bilanzierung
- umzugehen ist.
- Sie betont, dass regulatorische Spielräume bei der Behandlung von notleidenden Krediten genutzt werden sollten. Es ist jedoch eine adäquate und konsistente Identifikation von notleidenden Krediten wichtig, um die ökonomischen Effekte von COVID-19 möglichst genau abschätzen zu können.
- Die EBA weist ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, durch konsensuale Änderungen in Kreditverträgen einen Ausfall zu vermeiden: Kredite können so neu verhandelt werden, dass sich die Finanzlage des Kreditgebers nicht verschlechtert (d.h. der Barwert der Zahlungsströme des Kredits bleibt nach der Umstrukturierung gleich). In diesem Fall besteht keine Notwendigkeit, das Engagement als ausgefallen einzustufen, wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem neu ausgehandelten Vertrag voraussichtlich nachkommen wird. Diese Art der Umstrukturierung sollte nicht als notleidende Umstrukturierung betrachtet werden, sondern als geeignete Maßnahme zur Entlastung von Kreditnehmern, die aufgrund von COVID-19-Störungen vorübergehend nicht in der Lage sind, ihren Kreditverpflichtungen nachzukommen.
- Explizit hervorgehoben wird durch die EBA weiters die Priorität des Verbraucherschutzes und die Sicherstellung der vollständigen Offenlegung von Informationen durch Finanzinstitute sowie, dass im Interesse der Kunden gehandelt werden soll; ohne versteckte Kosten oder automatische Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit (Bonität).
- Schließlich betont die EBA auch die Bedeutung ordnungsgemäßer Zahlungsdienste in dieser COVID-19-Krise, empfahl die Verwendung kontaktloser Zahlungen bis zu 50 EUR und ermutigt Verbraucher und Händler, Hygienemaßnahmen zu ergreifen und alle Zahlungsoptionen bei der Zahlung im Geschäft zu berücksichtigen. Weitere Details entnehmen Sie bitte direkt den EBA/ESMA-Stellungnahmen (siehe obige Verlinkung).
Welche Maßnahmen trifft die FMA aus finanzmarktaufsichtsrechtlicher Sicht?
- Die FMA passt im Einklang mit den EU-Aufsichtsbehörden und –Regulatoren die Aufsichtspraxis und ihre Maßnahmen laufend an die Corona-Krise an. Dabei soll die gebotene aufsichtliche Flexibilität in hohem Maß genutzt werden.
- Die FMA informiert laufend auf Ihrer Website über aktuelle Maßnahmen zu COVID-19 und stellt veröffentlichte Stellungnahmen, Pressemitteilungen und Informationsschreiben zum Download bereit: https://www.fma.gv.at/covid-19/.
- Zudem fasst die FMA die häufigsten Verbraucherfragen in FAQs zusammen und stellt diese zum Abruf bereit unter: https://www.fma.gv.at/covid-19/haeufig-gestellte-fragen/.
Welche Auswirkungen hat COVID-19 auf Fristen bei FMA-Verfahren?
- Durch das 3. COVID-19-Gesetz und der damit einhergehenden Änderung des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes wird der FMA – befristet bis 31.12.2020 – das Recht eingeräumt, auf begründeten Antrag oder auch von Amts wegen durch Verordnung gewisse Fristen zu verlängern.
- Konkret werden die Verfahrensbestimmungen in § 22 FMABG durch Abs 13 insofern ergänzt, als der FMA das Recht eingeräumt wird, bei den in § 2 Abs. 1 bis 4 FMABG genannten Gesetzen (zB BWG, ZaDiG, FM-GwG, VZKG, BaSAG, ESAEG etc.) oder in einer aufgrund der genannten Gesetze erlassenen Verordnung geregelte (auch materiell-rechtliche) Fristen für
1. Anzeige-, Melde-, Vorlage- und sonstige Einbringungspflichten,
2. Veröffentlichungen oder
3. sonstige Informationspflichten
auf begründeten – wenn zumutbar elektronischen – Antrag des Antragstellers durch die FMA zu verlängern.
- Die Informationspflichten der Beaufsichtigten umfassen jene an die FMA, die Österreichische Nationalbank und beliehene Rechtsträger wie zB die Österreichische Kontrollbank und die Wiener Börse ebenso wie solche an Kunden oder andere vergleichbare Informationsadressaten.
- Sofern dies im Interesse der Finanzmarktstabilität oder der Verwaltungsökonomie zweckmäßig ist, kann die FMA auch ohne Antrag durch Verordnung bestimmte Fristen verlängern und nähere Bestimmungen zur Antragstellung vorsehen.
- Zweck der Regelung ist, dass Einbringungs-, Veröffentlichungs- und Informationspflichten, die etwa auf Grund eines nicht rechtzeitig zustande gekommenen Organbeschlusses nicht eingehalten werden können und die in direktem Zusammenhang mit den Auswirkungen der COVID-19-Krise stehen, zu erstrecken.
Welche Auswirkungen hat Covid-19 auf die Governance von Kreditinstituten?
- Viele Kreditinstitute haben wegen COVID-19 Ihre Notfallpläne angepasst, um Betriebsunterbrechungen zu verhindern. Geschäftsreisen wurden abgesagt und Mitarbeiter arbeiten aus dem Home Office.
- Zur Wahrung der Sorgfaltspflichten nach § 39 BWG und im Rahmen eines funktionierenden Risikomanagements haben Kreditinstitute für Sicherheit der Mitarbeiter und für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes zu sorgen.
- Von der FMA gibt es, soweit ersichtlich noch kein Informationsschreiben zu Compliance-relevanten Anforderungen an Kreditinstitute im Zusammenhang mit Home-Office. Die FMA hat jedoch auch selbst ihren Arbeitsbetrieb bis auf weiteres auf Telearbeit/Homeoffice umgestellt und steht derzeit über Fernkommunikationsmittel (Telefon und E-Mail) zu Verfügung. Es finden vorläufig keine Vor-Ort-Präsenzen im Rahmen von Prüfungen statt. Laufende Prüfungen werden off-site weitergeführt und abgeschlossen, soweit dies aufgrund vorhandener Informationen und Unterlagen möglich ist.
- Dagegen verweist die BaFin zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes auf die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) und die Vorschriften für Außer-Haus-Geschäfte (Handelsgeschäfte, die außerhalb der Geschäftsräume abgeschlossen werden):
- Demnach sind Handelsgeschäfte außerhalb der Geschäftsräume zulässig, wenn dies vom Kreditinstitut klar geregelt und jedes Geschäft sauber dokumentiert ist. Weiters ist es wohl vorübergehend zulässig, die strengen Regeln im Handelsraum, als Teil eines Notfallkonzepts krisenbedingt für eine Home-Office-Regelung zu lockern. Bei fehlender Zugangsmöglichkeit zu Büro- und Handelsräumen ist es erforderlich, eine Alternative zu schaffen, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten.
Was bringt das 4. COVID-19-Gesetz für Kreditrückzahlungen – Moratorium für Verbraucher- und Kleinstunternehmerkredite?
- Artikel 37 des 4. COVID-19-Gesetzes enthält ein gesetzliches Moratorium für bestimmte Kreditrückzahlungen. Erfasst sind nur Verbraucherkredite und Kredite von Kleinstunternehmen die vor dem 15.03.2020 aufgenommen wurden.
- Deren Rückzahlung wird für drei Monate gestundet, wenn dem Kreditnehmer wegen Einkommensausfällen wegen COVID-19 eine Rückzahlung nicht zumutbar ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn Unterhaltspflichten nicht erfüllt werden können oder ein angemessener Lebensunterhalt nicht mehr gegeben wäre.
- Die Regelung wirkt sich auch auf Sicherheiten aus, weil auch die diesen zugrunde liegenden Verträge entsprechend verlängert werden.
- Schließlich besteht eine Kündigungsbeschränkung und eine Verlängerungsautomatik, wenn Kreditgeber und Kreditnehmer keine Einigung über den Fortbestand bzw notwendige Anpassungen für die Zeit nach Stundung erzielen.
Gibt es von der EBA Klarstellungen zum Umgang mit Moratorien wegen COVID-19 und zur Risikoklassifizierung?
- Die EBA hat am 02.04.2020 Leitlinien zum Umgang mit Moratorien veröffentlicht.
- EBA-Leitlinie (EBA/GL/2020/02): Leitlinien zu gesetzlichen und nicht-gesetzlichen Moratorien für die Rückzahlung von Krediten im Lichte der COVID-19-Krise: “Guidelines on legislative and non-legislative moratoria on loan repayments applied in the light of the COVID-19 crisis” Abrufbar unter: https://eba.europa.eu/eba-publishes-guidelines-treatment-public-and-private-moratoria-light-covid-19-measures
- Mit den Leitlinien konkretisiert die EBA ihre Mitteilung vom 25.03.2020 und stellt klar, was unter einem allgemeinen Zahlungsmoratorium zu verstehen ist.
- Ziel der Leitlinien ist es, die Anforderungen an öffentliche und private Moratorien zu klären, die bei Erfüllung dazu beitragen, die Einstufung von Risikopositionen nach der Ausfalldefinition bei notleidenden Umstrukturierungen zu vermeiden.
- „Moratorien“, meint öffentliche oder private (sofern diese eine ähnliche Art der Risikoabdeckung aufweisen) Maßnahmen zur Stundung von Zahlungsverpflichtungen von Kreditnehmern.
- Die EBA sieht in den Zahlungsmoratorien wirksame Instrumente zur Bewältigung kurzfristiger Liquiditätsschwierigkeiten, die durch den eingeschränkten Betrieb vieler Unternehmen und Einzelpersonen infolge der Auswirkungen von COVID-19 verursacht werden.
- In diesem Zusammenhang wird in den Leitlinien klargestellt, dass Zahlungsmoratorien keine Einstufung als „gestundete Risikopositionen“ (Forbearance) oder notleidende Umstrukturierung auslösen, wenn die ergriffenen Maßnahmen auf dem anwendbaren nationalen Recht oder auf einer branchen- oder branchenweiten privaten Initiative beruhen, die von den jeweiligen Kreditinstituten vereinbart und allgemein angewendet wird.
- Die Einräumung eines allgemeinen Zahlungsmoratoriums gilt nicht als Stundungsmaßnahme im Sinne von Artikel 47b CRR.
- Das Moratorium muss für ein breites Spektrum von Schuldnern gelten: Das Moratorium wird auf Basis allgemeiner Kriterien auf eine große, vorab definierte Gruppe von Schuldnern angewandt. Schuldner können das Moratorium nutzen, ohne dass die Institute dazu deren Kreditwürdigkeit prüfen.
- Darüber hinaus wird in den Leitlinien daran erinnert, dass Kreditinstitute weiterhin die Situationen angemessen identifizieren müssen, in denen Kreditnehmer mit längerfristigen finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert sein können, und die Risikopositionen gemäß der bestehenden Verordnung klassifizieren müssen. Die Anforderungen für die Identifizierung von Risikopositionen und ausgefallenen Schuldnern bleiben bestehen.
Gibt es aus geldwäscherechtlicher Sicht erleichterte Anforderungen hinsichtlich der Identifizierung natürlicher Personen bei der Vergabe von Krediten, die zur Eindämmung der wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 vergeben werden?
- Die Financial Action Task Force (FATF), der globale Standardsetzer für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, hat sich am 01.04.2020 zur COVID-19-Pandemie auf ihrer Website geäußert, abrufbar unter: https://www.fatf-gafi.org/publications/fatfgeneral/documents/statement-covid-19.html
- FATF ruft unter anderem dazu auf, die Flexibilität des von der FATF angewendeten risikoorientierten Ansatzes bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu nutzen.
- Die FATF fördert die uneingeschränkte Nutzung des digitalen Onboardings von Kunden und die Bereitstellung digitaler Finanzdienstleistungen im Lichte sozialer Distanzierungsmaßnahmen.
- Die fortgesetzte Umsetzung der FATF-Standards erleichtert die Integrität und Sicherheit des globalen Zahlungssystems während und nach COVID-19 durch legitime und transparente Kanäle mit angemessener risikobasierter Due Diligence.
- Die BaFin äußert sich in FAQs, dass sie es nicht beanstanden wird, wenn zur Vergabe von staatlichen Förderkrediten die Identifizierungsprozesse grundsätzlich nach Maßgabe der vereinfachten Sorgfaltspflichten erfolgen, etwa durch Übersendung einer Ausweiskopie, und etwaigen Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung durch ein angemessenes Kunden- und Transaktionsmonitoring im Rahmen der fortlaufenden Geschäftsbeziehung begegnet wird. Wenn sich nach Begründung der Geschäftsbeziehung Hinweise auf ein höheres Risiko ergeben, sind angemessene zusätzliche Maßnahmen zu geeigneter Zeit nachzuholen. Das kann beispielsweise eine nachträgliche persönliche und ausweisbasierte Identifizierung umfassen.
- Von der FMA gibt es zwar kein Informationsschreiben, jedoch verweisen die FMA-Vorstände in einem Statement auf der FMA-Homepage darauf, dass die FMA „Banken da [entlastet], wo es ohne Einbußen für die Finanzstabilität möglich ist. Es ist aber ebenso wichtig, auch in der Krise Risiken ordnungsgemäß zu identifizieren, nur so können wir sie im Risikomanagement ordnungsgemäß erfassen, analysieren und managen.“ Es sprechen wohl gute Gründe dafür, dass auch die FMA einen ähnlichen Zugang wie die BaFin verfolgt, da sie bereits darauf hingewiesen hat, die sich ihr durch das Gesetz bietende aufsichtliche Flexibilität unter Beachtung der Risiken anzuwenden.
Gibt es Erleichterungen bei der Telefonaufzeichnungspflicht nach MiFID II wegen COVID-19?
- Die ESMA veröffentlichte ein Statement zur Lockerung der Telefonaufzeichnungspflicht nach MiFID II bzw. WAG 2018, um den durch Covid-19 verursachten Umständen Rechnung zu tragen. Abrufbar unter: https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma35-43-2348_esma_statement_on_covid-19_telephone_recording.pdf
- Sofern vom Rechtsträger trotz ergriffener Maßnahmen aufzeichnungspflichtige Gespräche nicht praktikabel aufgezeichnet werden können, verlangt die ESMA, dass sich der betroffene Rechtsträger Alternativen überlegt, um die Risiken wegen fehlender Aufzeichnung zu verringern. Derartige Alternativen können etwa schriftliche Protokolle oder Notizen von Telefongesprächen sein.
- In diesen Fällen sind auch eine verbesserte Überwachung und Ex-post-Überprüfung relevanter Aufträge und Transaktionen sicherzustellen.
- Kunden sind im Vorhinein über die Unmöglichkeit der Aufzeichnung des Anrufs zu informieren sowie über die alternativ vorgenommene Dokumentation (schriftliche Notizen etc.).
- Unter diesen Umständen erwartet die ESMA von den Rechtsträgern, dass sie alle möglichen Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass die alternativen Maßnahmen nur vorübergehend bleiben und die Aufzeichnung von Telefongesprächen so bald wie möglich wiederhergestellt wird.
Welche Auswirkungen hat COVID-19 auf die Liquidität und Unternehmerkredite von Banken?
- Banken, die ihren Kunden in großem Umfang Kreditlinien eingeräumt haben, drohen nun von den Kunden in den nächsten Wochen zahlreich in Anspruch genommen zu werden. Banken stehen vor der Herausforderung ausreichend Liquidität bereitzustellen.
- Durch die zu erwartenden Umsatzrückgänge werden sich die Bonitätsnoten der Kreditkunden reihenweise verschlechtern, wodurch die Banken mehr Eigenkapital für die Darlehen und Anleihen zurücklegen müssen.
- Der neue Rechnungslegungsstandard IFRS 9 sieht zudem für Banken vor, sofort Rückstellungen für erwartete Verluste von Krediten zu bilanzieren und nicht erst, wenn die Verluste eingetreten sind. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Liquidität von Kreditinstituten aus, da sie für Ausfälle Geld zurücklegen müssen.
Was ist, wenn bei bestehenden Finanzierungen die zugesagten Kreditsicherheiten nicht eingehalten werden können?
- Betreffend Finanzierungen werden die Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung von CoViD-19 die Überarbeitung von abgeschlossenen Finanzierungsverträgen erfordern.
- In Kreditverträgen sind häufig als atypische Kreditsicherheit sog. Covenants vereinbart, die eine präventive Risikobeschränkungsfunktion vor drohender Insolvenz haben und dem Kreditnehmer gegenüber dem Kreditgeber zahlreiche Informationspflichten auferlegen.
- Sofern Kreditnehmer ihre Covenants infolge CoViD 19 und der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht einhalten können, werden konkrete im Kreditvertrag festgelegte Folgen ausgelöst. In der Regel stellt die Nicht-Einhaltung von Covenants einen sog. Event of Default dar, der den Kreditgeber nach einer kurzen Nachfrist zu einer Kündigung oder gar zu einer sofortigen Fälligstellung des Kredits berechtigt.
- Kreditgeber sollten daher rechtzeitig mit Kreditnehmern eine Anpassung der bestehenden Kreditverträge anstreben, um Kreditsicherheiten wie Covenants neu auszuverhandeln.
- Bei Verschlechterung der Bonität und einem Breach of Covenant ist bei der Nachverhandlung der Kreditkonditionen darauf zu achten, dass der Kreditgeber sich nicht zu weitreichende Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensführung ausbedingt. Bei zu viel Einfluss bzw. Übernahme der faktischen Leitung des Kreditnehmers könnte ein Kredit gem. § 5 Abs 1 Z 3 EKEG als eigenkapitalersetzend qualifiziert werden („Kreditgeber als Gesellschafter“).
Wie sicher sind verpfändete Mietzinsforderungen als Kreditsicherheit bei Mietzinsbefreiung gem. § 1104 ABGB?
- Die Verpfändung von Forderungen ist bei Kreditverträgen ein gängiges Kreditsicherungsmittel. Im Zusammenhang mit COVID-19 wirken sich insbesondere die Geschäftsschließungen auf Kreditverträge aus, wenn
- die Mietzinsforderungen aus vermieteten Geschäftslokalen an den Kreditgeber als Sicherheit für die Finanzierung verpfändet wurden und
- sich Kreditnehmer gem. § 1104 ABGB auf eine Mietzinsbefreiung/-herabsetzung stützen.
- Sollte der Kreditnehmer gegen den Vermieter eine Mietzinsbefreiung/-herabsetzung erreichen, hätte das für den Kreditgeber und den Kreditnehmer hinsichtlich der Kreditsicherheit Folgewirkungen:
- Für den Kreditgeber hätte dies den nachteiligen Nebeneffekt, dass die Sicherheit „unterbewertet“ und die Besicherung des Kreditbetrags nicht sichergestellt ist. Der Kreditgeber muss allenfalls eine Nachbesicherung in Betracht ziehen.
- Der Kreditnehmer hätte infolge einer Mietzinsbefreiung nach § 1104 ABGB wohl eine Nachbesicherung zu leisten, andernfalls dies den Kreditgeber wegen „Unterbesicherung“ in der Regel ein Kündigungsrecht einräumt. Eine Nachbesicherung ist in den meisten Fällen mit Mehrkosten verbunden (zB Vertragserrichtungskosten, Rechtsberatung, Gebühren zB für Eintragung einer Hypothek im Grundbuch ezc.).
- Vor diesem Hintergrund sind daher aus Kreditgeber- und Kreditnehmer-Perspektive einige Punkte zu beachten, die zwischen den Vertragsparteien frühzeitig angesprochen werden sollen:
- Vorerst sind der Inhalt des Kreditvertrags sowie allenfalls vereinbarte AGBs dahingehend zu prüfen, ob § 1104 ABGB vertraglich abbedungen worden ist, in der Folge sich die obige Problematik erübrigt. Sofern die Bestimmung nicht abbedungen ist, ist die generelle Anwendbarkeit zu prüfen:
- Ein Rechtsanspruch auf Mietzinsbefreiung setzt voraus, dass § 1104 ABGB anwendbar ist; das setzt wiederum voraus, dass die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle nicht gebraucht oder benutzt werden kann.
- Generell lässt sich der „außerordentliche Zufall“ als ein elementares Ereignis beschreiben, das von Menschen nicht beherrschbar ist, weshalb auch für dessen Folgen im Allgemeinen von niemandem Ersatz erwartet werden kann.
- Ein Blick auf den Zweck des §1104 ABGB ist hilfreich: § 1104 liegt laut OGH der Gedanke zugrunde, dass von der Bestimmung erfasste Katastrophenfälle einen größeren Personenkreis auf eine Art treffen, die durch eine gesetzliche Regelung nicht entsprechend ausgeglichen werden kann (zB Schadenersatz). § 1104 ABGB zählt Umstände auf, die als außerordentliche Zufälle zu werten sind (zB Seuche), wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist.
- Mangels vergleichbarer Situationen in der Vergangenheit gibt es kaum vergleichbare Rechtsprechung zu ähnlichen Sachverhalten wie COVID-19, weshalb zum Anspruch auf Mietzinsbefreiung iZm COVID-19 keine Rechtssicherheit besteht.
- Wir empfehlen daher Kreditnehmern, die Mietzinsforderungen als Sicherheit verpfändet haben, ihre Entscheidung hinsichtlich Inanspruchnahme von § 1104 ABGB gut abzuwägen, um nicht durch eine vom Kreditgeber geforderte Nachbesicherung (und damit verbundenen Kosten) zusätzlich unter Zugzwang zu gelangen.
- Kreditgebern empfehlen wir ihren Kreditnehmern rechtzeitig auf die kreditsicherungsrechtlichen Folgen einer etwaigen Inanspruchnahme von § 1104 ABGB hinzuweisen, damit diese ihre Entscheidung auf einer umfassenden Informationsgrundlage unter Berücksichtigung aller Folgen treffen können.
- Ein unüberlegte Inanspruchnahme ohne Prüfung der Vertragsgrundlage, der AGB und der konkreten der Bestandssache, kann rasch eine Uneinigkeit über die Anwendbarkeit von § 1104 ABGB auslösen und hohe Kosten für beide Vertragsparteien auslösen, sei es durch Aufforderung zur Nachbesicherung, Folgekosten, drohender Kündigung aufseiten der Kreditnehmer oder ist seitens der Kreditgeber im worst case eine Abschreibung der Forderung wegen drohendem Zahlungsausfall vorzunehmen, wenn der Kreditnehmer keine zusätzlichen Sicherheiten bestellt, eine Kündigung mit Fälligstellung ausgesprochen wird und der Kreditnehmer Insolvenzgefährdet ist.
Was bedeutet COVID-19 für MAC-Klauseln?
- Material Adverse Change- oder auch Material Adverse Effect – Vertragsbestimmungen finden sich regelmäßig in Finanzierungsverträgen oder in Finanzierungszusagen mit dem Ziel nicht vorhersehbare und unerwartete Ereignisse zu erfassen.
- Typischerweise sieht eine MAC-Klausel nach LMA-Standard so aus:
- „Jeder Umstand, der :(i) einen wesentlich nachteiligen Einfluss auf die Geschäfts-, Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Kreditnehmers haben könnte oder (ii) die Erfüllung von wesentlichen Verbindlichkeiten, Auflagen, Bedingungen udgl der Verpflichteten aus den Finanzierungsverträgen gefährden könnte oder (iii) die Gültigkeit oder Durchsetzbarkeit von wesentlichen Bestimmungen der Finanzierungsverträge oder der Rechte und Ansprüche der Kreditgeber gefährden könnte.“ Glaubt man den Wirtschaftsprognosen und vorausgesagten Ertragsrückgängen bei den betroffenen Unternehmen, so rücken derartige MAC-Klauseln ungewollter Weise ins Rampenlicht, wenngleich erst im Einzelfall – je nach konkreter Formulierung – gesagt werden kann, ob COVID-19 einen MAC-Umstand auslöst:
- Der Eintritt eines solchen MAC-Umstandes hat weitreichende Folgen für Finanzierer jeder Art, da sie den Finanzierer in der Regel zur Kündigung des Finanzierungsvertrages berechtigen. In der Praxis ist die Ausübung des Kündigungsgrundes meistens nicht gewünscht, da dies eine sofortige Fälligstellung des Kredits zu Folge hätte und sich die sofortige Rückzahlung des gesamten Finanzierungsbetrages nicht leiten können wird. Dies würde im worst case die Insolvenz des Kreditnehmers bedeuten, was idR nicht im Interesse des Kreditgebers ist, denn dann würde der Kreditgeber nur die anteilsmäßige Insolvenzquote bekommen, sofern es keine anderen Sicherheiten gibt.
- Regelmäßig sehen auch Finanzierungszusagen (Commmitment Letter) eine MAC-Klausel vor, dass in der Zwischenzeit keine wesentlich nachteilige Veränderung eingetreten ist, weshalb derartige Zusagen im Hinblick auf die Auswirkungen von COVID-19 zu prüfen sind.
- Wir empfehlen betroffenen Vertragsparteien somit schon jetzt proaktiv das Gespräch mit der Gegenseite zu suchen und unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände Finanzierungsverträge und Finanzierungszusagen anzupassen. Eine Verhandlungsstrategie mit konkreten Maßnahmen (zB eventuell Restrukturierungsmaßnahmen, Gegengeschäfte, Querfinanzierung durch Brückenfinanzierung) ist vorzubereiten.
Wie wirkst sich COVID-19 auf zugesagten Finanzkennzahlen aus?
- Kreditgeber nützen Finanzkennzahlen als Warnsignal im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Kreditnehmers. Wenn der Kreditnehmer die zugesagten Finanzkennzahlen nicht einhält, berechtigt dies in der Regel den Kreditgeber zur Kündigung des Vertrages. Manchmal löst die Nicht-Einhaltung auch Folgekosten aus (zB Pönale, Zinsen.).
- Umsatzrückgänge durch COVID-19 haben einen direkten Einfluss auf die Finanzkennzahlen wie etwa Eigenkapitalquote, Verschuldungsgrad etc.
- Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Finanzkennzahlen empfehlen wir Kreditnehmern bereits präventiv mit offenen Karten zu spielen und eine Nachtragsvereinbarung zu bestehenden Finanzierungsverträgen auszuverhandeln, um eine Kündigung oder Folgekosten infolge des Verstoßes abzuwenden. Alternativ kann etwa auch ein Kündigungsverzicht (Waiver) des Kreditgebers eingeholt werden.
Wie ist der Einfluss von COVID-19 auf Cross Default-Klauseln?
- Die Cross Default-Bestimmung zielt auf eine Gleichbehandlung des Kreditgebers mit anderen Gläubigern des Kreditnehmers ab. Eine sog. Cross Default-Klausel räumt dem Kreditgeber ein Kündigungsrecht ein, wenn der Kreditnehmer nicht in der Lage ist, Finanzverbindlichkeiten (ab einer bestimmten Schwelle) gegenüber einem anderen Gläubiger zu erfüllen.
- Kommt der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber anderen Gläubigern nicht nach und stellen letztere ihre Forderungen daraufhin vorzeitig fällig, dann will in der Regel auch der Kreditgeber zu einer vorzeitigen Fälligstellung berechtigt sein, damit er keinen Nachteil bei Befriedigung seiner Forderungen hat.
- Sofern sich daher bei Kreditnehmern die Umsatzrückgänge infolge der Corona-Krise derart massiv verschlechtern, dass es zu Zahlungsausfällen kommt, ist der Kreditnehmer dem Risiko der Kündigung und Fälligstellung seitens Kreditgeber ausgesetzt.
Können bestehende Finanzierungsverträge wegen COVID-19 gekündigt oder fällig gestellt werden, wenn keine besonderen Vertragsklauseln vereinbart wurden?
- Gem § 987 ABGB kann „jeder Vertragsteil […] den Darlehensvertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn ihm die Aufrechterhaltung des Vertrags aus wichtigen Gründen unzumutbar ist“. Mit dem außerordentlichen Kündigungsrecht wird auf eine unzumutbare Belastung der Vertrauensbeziehung der Vertragsparteien reagiert. Die wichtigen Gründe müssen aus der Sphäre des Vertragspartners stammen.
- Das heißt, dass Umstände, die nicht aus dem Verantwortungsbereich des anderen kommen (neutrale Sphäre), nicht generell zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, zB Wirtschaftskrise oder wohl auch COVID-19. COVID-19 kann jedoch zu einer Verschlechterung der Vermögenslage des Kreditnehmers führen und daher eine außerordentliche Kündigung in bestimmten Fällen rechtfertigen.
- In AGB von Banken ist idR vorgesehen, dass, wenn in Geschäftsbeziehungen mit Unternehmern nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, die eine erhöhte Risikobewertung rechtfertigen, die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten innerhalb angemessener Frist zu verlangen ist (Nachbesicherung); so etwa, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden nachteilig verändert haben oder zu verändern drohen oder die vorhandenen Sicherheiten sich wertmäßig verschlechtert haben oder zu verschlechtern drohen.
- COVID-19 hat das Potential bei Unternehmen derartige Umstände zu verursachen. Die Verschlechterung der Bonität von Kreditnehmern wird idR zu einer erhöhten Risikobewertung führen, weshalb daher rechtzeitig eine Nachbesicherung in Betracht zu ziehen ist. Andernfalls hat der Kreditgeber die Verbindlichkeiten mit höherem Eigenkapital zu unterlegen und könnte ohne Nachbesicherung ein wichtiger Kündigungsgrund entstehen.
- Eine Verschlechterung oder Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden oder eines Mitverpflichteten wie zB Sicherheitengeber (Bürge, Garant etc.) und folglich eine Gefährdung der Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Kreditinstitut berechtigt idR zur sofortigen Kündigung aus wichtigem Grund.
- Eine Anpassung der Kreditkonditionen kann auch durch Verlängerung der Kreditlaufzeiten (Prolongation) erfolgen. Mit einer Prolongation hat der Kreditnehmer die Möglichkeit, die monatliche Belastung durch eine Senkung der Kreditraten zu verringern, ohne dass dies mit neuen Gebühren verbunden ist. Aus Sicht des Kreditgebers kann dies etwa bei der Risikobewertung des Kunden von Vorteil sein und Auswirkungen auf das Liquiditätsmanagement verringern.
Was ist bei drohenden Kreditausfällen und Non Performing Loans (NPL) zu beachten?
- Durch Umsatzrückgänge bei Kreditnehmern infolge des COVID-19 drohen Banken künftig Kreditausfälle und die Einstufung von Krediten als NPLs. Unter NPL versteht man Kredite, bei denen der Kreditnehmer mit der Erfüllung seiner Pflichten bereits in Verzug geraten ist. Vertragsrechtlich ist hier bereits in der Nachverhandlungsphase (etwa wegen Nachbesicherung, Prolongation) strategisch und vorausschauend vorzugehen.
- Kreditgeber können in die Lage kommen, künftig mit NPL zu handeln, um sich durch den Verkauf von Kreditforderungen Liquidität zu beschaffen. Werden Kreditforderungen veräußert, müssen naturgemäß auch Informationen an den Erwerber weitergegeben werden. Zu beachten ist, dass der Weitergabe dieser Informationen das Bankgeheimnis (§ 38 BWG) entgegensteht.
- Es stellt laut OGH einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis dar, wenn ein Kreditinstitut ohne Zustimmung des Kunden eine nicht fällige Kreditforderung an einen nicht dem Bankgeheimnis unterliegenden Zessionar abtritt, ohne dass mit der Abtretung nach dem BWG anerkannte besonders geschützte Interessen verfolgt werden. Eine solche Abtretung ist nichtig.
- Daher ist bei der Ausgestaltung und Nachverhandlung von Kreditverträgen – etwa bei Zusatzvereinbarungen wegen COVID-19 – bereits zu berücksichtigen, dass vom Kreditnehmer eine Entbindung vom Bankgeheimnis eingeholt wird, damit – für den Fall eines drohenden Kreditausfalls und der Einstufung des Kredits als NPL – der Abtretung der Kreditforderung nicht das Bankgeheimnis entgegensteht und die Nichtigkeit der Abtretung zu Folge hat.
Welche Anforderungen gelten an die Sorgfaltspflichten von Geschäftsleitern?
- Die Geschäftsleiter von Banken haben gem § 39 Abs 1 BWG bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Dabei haben sie sich insbesondere über die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu informieren, diese durch angemessene Strategien und Verfahren zu steuern, zu überwachen und zu begrenzen sowie über Pläne und Verfahren gemäß § 39a BWG zu verfügen.
- Gem § 39a BWG (ICAAP) liegt die Etablierung eines angemessenen und wirksamen Risikomanagementsystems als auch die Entwicklung von angemessenen Plänen und Verfahren in der Verantwortung der Geschäftsleiter. Im ICAAP werden alle wesentlichen Risiken identifiziert und berücksichtigt (Risikoinventur).
- Banken haben Notfallpläne zu entwickeln, um Betriebsunterbrechungen zu verhindern. Aufgrund CoViD 19 müssen Banken ihre Notfallpläne anpassen, um die Geschäfte fortführen zu können, wenn etwa eine große Mehrzahl der Mitarbeiter von zuhause aus arbeitet. In den Notfallplänen ist etwa auch zu regeln, welche Vermögenswerte sie zur Not verkaufen, wenn sie plötzlich Kapital benötigen.
- Die EBA bzw die FMA prüfen die Notfallpläne der Banken und sanktionieren dies bei unzureichender Ausgestaltung (vgl BVwG 24. 10. 2018, W107 2196670-1/9E).
Eignen sich aws-Garantien als Kreditsicherheiten?
- Die aws Garantie dient als Sicherheit bei der Kreditvergabe. Details zu den garantiefähigen Projekten können Sie den Richtlinien zur aws-Garantien entnehmen: https://www.aws.at/fileadmin/user_upload/Downloads/Richtlinie/ab_2020_03_Garantien_KMU-FG-RL.pdf
- Auszugsweise weisen wir darauf hin, dass Finanzierungen für laufende Kosten (zB Personal-, Sachkosten) und die Stundung von bestehenden Kreditlinien für gesunde Unternehmen, die wegen Covid-19 über keine oder nicht ausreichende Liquidität zur Finanzierung des laufenden Betriebes oder Bedienung bestehender Kreditlinien verfügen, unterstützt werden.
- Keine Garantie gibt es für Unternehmen, die die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sowie Unternehmen, die im der Antragstellung vorausgegangenen Wirtschaftsjahr die URG Kriterien erfüllen (Vermutung des Reorganisationsbedarfs, das heißt, Eigenmittelquote weniger als 8 % und fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre.
Aufgrund der laufend neuen gesetzlichen Maßnahmen, empfehlen wir regelmäßig die Website des Austria Wirtschaftsservice (aws) zu besuchen: https://www.aws.at/aws-garantie/ueberbrueckungsgarantie/
Gibt es für Finanzierungen relevante Gebührenerleichterungen?
- Das 2. COVID-19-Gesetz sieht vor, dass Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957 für Schriften und Amtshandlungen, die mittelbar oder unmittelbar aufgrund der erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der COVID-19 Krisensituation erfolgen, sind von den Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben befreit sind.
- Zwar ist der Anwendungsbereich der Befreiung noch nicht klar – was bedeutet „mittelbar“ genau? – allerdings ist wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch die Bestellung von Sicherheiten für Kreditaufstockungen, Prolongationen und für die Inanspruchnahme von Staatshilfen erfasst und damit gebührenbefreit sind.
Welche Auswirkungen sind auf die kapitalmarktrechtlichen Pflichten zu erwarten?
- Emittenten können aufgrund der Covid-19 Auswirkungen und bei kursrelevanten Informationen zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Meldung nach Art. 17 Abs. 1 der Marktmissbrauchsverordnung verpflichtet sein.
- Die EU-Kapitalmarktaufsicht ESMA hat ein Statement zu Covid-19 am 11.03.2020 veröffentlicht: https://www.esma.europa.eu/press-news/esma-news/esma-recommends-action-financial-market-participants-covid-19-impact
- Die ESMA fordert darin börsennotierte Unternehmen auf, alle relevanten Informationen über die Auswirkungen des Virus auf ihre Fundamentaldaten, Aussichten oder finanzielle Situation gemäß ihren Transparenzverpflichtungen offenzulegen.
- Wenn es sich zeitlich noch ausgeht, sollen Unternehmen in ihrem 2019-Finanzbericht oder sonst in Zwischenberichten Transparenz über die tatsächlichen und möglichen Auswirkungen von COVID-19 schaffen (Regelpublizität).
- Wir empfehlen daher die Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit und Finanzkennzahlen – zB aus Lieferengpässen, Exportverboten, Ausfall von Kunden und Zahlungen – zu überwachen, um eine Pflicht zur Veröffentlichung einer Ad-Hoc-Meldung rechtzeitig nachzukommen. Eine Ad-Hoc-Meldepflicht kann sich unter Umständen auch aus der Erkrankung von Führungskräften ergeben, wenn die Dauer des Ausfalls bzw. des Krankenstandes länger ist.
Welche Auswirkungen hat COVID-19 auf Unternehmen aus gesellschaftsrechtlicher Sicht?
- Das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz regelt, dass zur Verhinderung der COVID-19-Verbreitung, Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung oder eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit oder eines kleinen Versicherungsvereins auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden können. Dies kann durch den Einsatz technischer Kommunikationsmittel – zu denken ist hier insbesondere an eine qualifizierte Videokonferenz – geschehen. Auch andere Formen der Willensbildung (z.B. schriftliche Abstimmungen) sollen laut Erläuternden Bemerkungen möglich sein, wobei nähere Regelungen für einzelne oder alle Rechtsformen einer Verordnung der Bundesministerin für Justiz vorbehalten bleiben. Wir halten Sie am Laufenden.
- Zudem muss die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft erst innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahrs der betreffenden Gesellschaft stattfinden, anstatt binnen 8 Monaten wie es gem. § 104 Abs. 1 AktG vorgesehen ist.
- Schließlich wurden mit dem 4. COVID-19-Gesetz auch Änderungen hinsichtlich der Fristen und Termine für Sitzungen von Organen und Versammlungen von Gesellschaftern sowie die Erstreckung von Fristen für die Erstellung bestimmter Unterlagen – zB Jahresabschlüsse – vorgesehen.
- In diesem Zusammenhang hat die FMA in einem Rundschreiben vom 19.03.2020 auch klargestellt, dass die mangelnde physische Anwesenheit bei Aufsichtsrats- und Ausschusssitzungen keinen Governance Mangel darstellt.
6. Veranstaltungen
- Mit einem Erlass des Bundesministeriums wurden die Bezirksverwaltungsbehörden angewiesen, Veranstaltungen, bei denen mehr als 500 Personen im Freien oder mehr als 100 Personen in einem geschlossenen Raum zusammenkommen, zu untersagen.
- Davon nicht umfasst sind (derzeit) insbesondere die Arbeitstätigkeit in Unternehmen, Betriebsversammlungen und der öffentliche Personenverkehr. Geschäftsflächen, zB in Einkaufszentren, sind von den nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz zu erlassenden Verordnungen erfasst.
Können Kunden Zahlungen, die sie für abgesagte Veranstaltungen bereits geleistet haben, wieder zurückfordern?
- Sollte die Leistung aufgrund von Umständen unterbleiben, die nicht im Einflussbereich des Kunden liegen, so hat der Veranstalter keinen Anspruch auf das Entgelt. Sollte das Entgelt bereits bezahlt worden sein, so kann es zurückgefordert werden.
- Einvernehmlich kann auch eine Verlegung der Veranstaltung auf einen späteren Termin vereinbart werden. Sollte der Veranstalter vertraglich vorgesehen haben, dass er den Termin einseitig verschieben und das Entgelt behalten kann, gilt für Unternehmergeschäfte (zB Messen) anderes als für Veranstaltungsverträge zu Konsumenten.
- Für Veranstaltungen in anderen Staaten, die einem anderen Recht unterliegen, können abweichende Regelungen gelten.
Kann der durch diesen Erlass entstandene Schaden bzw Verdienstentgang geltend gemacht werden?
- Anders als im Falle eines Verdienstentganges aufgrund der behördlichen Verfügung einer Quarantäne, Betriebsschließung, Wohnungsräumung oder Verkehrsbeschränkung, besteht hier grundsätzlich kein Vergütungsanspruch gegenüber dem Bund, weil Veranstaltungen überhaupt nicht in § 32 Epidemiegesetz enthalten sind.
- Anderes gilt, sollten die Behörden die Verfügungen zu Unrecht vorgenommen haben. Das wäre der Fall, falls die Verfügung zum Schutz vor der Weiterverbreitung der Krankheit gar nicht erforderlich gewesen wäre und die Behörde das auch hätte erkennen müssen.
- Wenn die Behörde ihr Ermessen daher missbraucht haben sollte, könnten Amtshaftungsansprüche geltend gemacht werden. Aufgrund der hoch komplexen Situation und der Tragweite der Pandemie dürfte dies jedoch nur in Extremfällen aussichtsreich sein.
Wie lange gilt der Erlass?
- Derzeit ist der Erlass bis 3. April, 12:00 Uhr, anzuwenden.
7. Versicherungsrechtrechtliche Fragestellungen
Gibt es Versicherungsdeckung bei Einnahmenausfall auf Grund des Coronaviruses?
- Sofern eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen wurde, könnte ein Einnahmenausfall unter ganz bestimmten Voraussetzungen gedeckt sein.
- Daneben bestehen Ertragsausfall-, Forderungsausfall- oder Warenkreditversicherungen, die Unternehmen davor schützen, dass ihre Schuldner zahlungsunfähig werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Versicherungen immens an Bedeutung gewinnen werden. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob die Versicherungsbedingungen besondere Ausschlüsse für höhere Gewalt, Seuchen oder Ähnliches enthalten.
Was ist eine Betriebsunterbrechungsversicherung?
- Bei der Betriebsunterbrechungsversicherung (BU) handelt es sich um eine Sachversicherung, bei der der Betrieb und nicht die Person des Betriebsinhabers versichert ist. Die Entschädigung aus der Versicherung kann sich immer nur auf den Einnahmenausfall eines Betriebs erstrecken. Der Tatbestand der Betriebsunterbrechung ist erfüllt, wenn der Betrieb infolge eines versicherten Personen- oder Sachschadens oder eines sonstigen Verhinderungsgrundes in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist.
Wann spricht man von Betriebsunterbrechung?
- Eine gänzliche Unterbrechung des versicherten Betriebs liegt dann vor, wenn der gesamte Betrieb des Versicherungsnehmers unterbrochen ist, das heißt ein vollständiger Stillstand der Betriebsabläufe eingetreten ist.
- Eine teilweise Betriebsunterbrechung besteht dann, wenn der Betrieb oder Betriebsteile des Versicherungsnehmers nur noch eingeschränkt fortgesetzt werden können. Mit der teilweisen Unterbrechung ist nichts anderes gemeint als eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit.
Was sind versicherte Gefahren?
Grundsätzlich gelten als versicherte Gefahren
- Sachschäden an einer dem versicherten Betrieb dienenden Sache;
- Personenschäden oder allenfalls;
- sonstige Verhinderungsgründe.
Die Versicherungsbedingungen sind jedoch sehr unterschiedlich gestaltet, teils sind nur Sachschäden als versicherte Gefahr definiert, dann scheidet Corona aus. Wenn auch Personenschäden oder sonstige Verhinderungsgründe anerkannt sind, kommt es auf den Einzelfall an:
Sind der Coronavirus und dessen Auswirkungen eine versicherte Gefahr?
Als Personenschäden gelten beispielsweise
- völlige Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfallfolgen;
- Stationärer Aufenthalt iZm einer Schwangerschaft oder wegen einer Entbindung;
- Maßnahmen oder Verfügungen einer Gesundheitsbehörde oder ihr gleichgestellter Organe, die anlässlich einer Seuche oder Epidemie ergehen und die den Betrieb oder die namentlich genannte, den Betrieb verantwortlich leitende Person betreffen (Quarantäne).
Die Definition der Personenschäden kann aber bei den einzelnen Versicherern unterschiedlich sein.
- Daher kann die Betriebsschließung gemäß Epidemiegesetz durchaus versichert sein. Bei „Quarantäne“-Maßnahmen gem dem COVID-19-Maßnahmengesetz wird es stark darauf ankommen, wie die Versicherungsbedingungen gestaltet sind und wie genau die Polizze formuliert wird.
- Sind die sogenannten „unbenannten Gefahren“, also die sonstigen Verhinderungsgründe relativ weit definiert, könnte auch die Umstellung auf Home Office durchaus als teilweise Betriebsunterbrechung anzusehen sein, wenn dadurch die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird.
- Andererseits bestehen in einigen Versicherungsverträgen auch Einschränkungen, wonach nur die Person des Betriebsinhabers versichert ist. Dann kann nur dessen Verdienstentgang geltend gemacht werden.
- Schließlich enthalten All-Risk-BU Versicherungen auch oft ausdrückliche Risikoausschlüsse hinsichtlich Seuchen. Dann besteht überhaupt keine Deckung im Zusammenhang mit Corona.
Wenn durch meinen Betrieb Schäden verursacht werden, zB weil sich Kunden anstecken, gibt es dann Versicherungsdeckung?
- In solchen Fällen kann Versicherungsdeckung in der Betriebshaftpflichtversicherung bestehen. Diese versichert den Betrieb gegen Haftpflichtansprüche Dritter wegen Personen- oder Sachschäden.
- Wenn sich also ein Kunde/Geschäftspartner deshalb mit dem Coronavirus ansteckt, weil der Unternehmer zB Hygienepflichten verletzt und der Unternehmer selbst haftet, kann er sich unter Umständen vom Versicherer freistellen lassen.
- Auch hier ist aber zu prüfen, ob Deckungsausschlüsse bestehen.
- Ein Schaden des Unternehmens ist in der D&O-Versicherung grundsätzlich nicht gedeckt, weil diese nur Vermögensschäden erfasst, aber Sach- und Personenschäden gerade nicht gedeckt werden. Ansprüche aus der D&O-Versicherung wären allenfalls denkbar, wenn die Organe in unvertretbarer Weise auf die Krise reagieren und dem Unternehmen dadurch ein Vermögensschaden entsteht.
Was muss ich im Schadenfall gegenüber dem Versicherer tun?
- Unternehmen sollten im ersten Schritt alle Versicherungsverträge darauf prüfen, ob theoretisch Versicherungsdeckung wegen Corona-Risiken bestehen könnte.
- Jeder Eintritt eines Schadens oder im Bereich der BU eines sonstigen Verhinderungsgrundes ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.
- Bei einer Verletzung dieser Obliegenheit (sofern vertraglich vereinbart) ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 VersVG von der Verpflichtung zur Leistung frei. Diese Rechtsfolge tritt nicht ein, wenn die Verletzung als eine unverschuldete anzusehen ist.
- Es ist daher ratsam, eher zu viele als zu wenige Meldungen zu erstatten, da auch versicherungsrechtlich im Zusammenhang mit Corona noch viele Fragen offen sind und daher nicht klar ist, ob bzw in welcher Versicherung Deckungen bestehen.
8. Stornierungen
Auch viele Reiseveranstaltungen werden derzeit aufgrund der angespannten Lage abgesagt. Die folgenden Ausführungen beziehen sich dabei auf Pauschalreisen, das sind Reiseveranstaltungen bei denen für den Zweck derselben Reise mindestens zwei Leistungen vereinbart werden (bspw Transport und Hotel).
Können von den Kunden Stornogebühren verlangt werden, falls diese Reisen in vom Coronavirus befallene Gebiete stornieren?
- Falls das Gebiet stark vom Virus betroffen ist, Reisewarnungen vorliegen, unter Quarantäne gestellt wurde oder Einreiseverbote oder vergleichbare schwerwiegende Umstände einen Rücktritt rechtfertigen, so besteht ein Anspruch auf kostenlose Stornierung.
- Diese kostenlose Stornierung ist aber grundsätzlich nur kurz vor Reiseantritt möglich, weil es bei einer Reise, die erst in Wochen oder Monaten stattfinden soll, noch möglich ist, dass sich die Lage noch wesentlich verbessern kann. Ein voreiliger Rücktritt kann daher Stornogebühren auslösen.
- Üblicherweise sind Stornierungen aber günstiger, wenn sie frühzeitig vorgenommen werden, sodass ein gewisses Spannungsverhältnis besteht.
Können Kunden Entschädigungen verlangen, falls gebuchte Reisen vom Veranstalter wegen dem Coronavirus abgesagt werden müssen?
- Sofern der Reiseveranstalter aufgrund unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Vertrags gehindert ist und seine Rücktrittserklärung dem Reisenden unverzüglich, spätestens jedoch vor Beginn der Pauschalreise zugeht, müssen keine Entschädigungen geleistet werden. Dem Kunden sind allfällige bereits bezahlte Entgelte aber vollständig zurückzuerstatten.
- Im Falle von Reisen in Gebiete, die vom Virus stark betroffen sind, ist jedenfalls von einem unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstand auszugehen, der zum Rücktritt berechtigt.
Müssen Kunden Änderungen ihrer Reise hinnehmen?
- Nur unwesentliche Änderungen müssen hingenommen werden. Wesentliche Änderungen berechtigen zum kostenlosen Rücktritt.